Aquata auf Kuschelkurs mit dem Endkunden

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03.03.2014 11:39
Kategorie: News

Neue Wege gehen gut?

Aquata Onlineshop
Der neue Aquata Onlineshop - ein kontrovers diskutiertes Thema...

Seit wenigen Tagen hat Aquata, deutscher Hersteller von Tauchanzügen, seinen neuen Onlineshop gestartet und steigt damit ins eBusiness ein und tritt erstmals direkt an den Endverbraucher heran.

An sich eine kleine, unbedeutende Nachricht, die aber erhebliche Diskussionen ausgelöst hat und bereits ziemliche Wellen schlägt.

Am Start ist Aquata mit derzeit rund 100 Produkten und spricht damit sowohl erfahrene Taucher, als auch Hobbytaucher und Tauchanfänger an. Nachdem Endkonsumenten alle Aquata-Artikel der Produktpalette Tauchen bisher ausschließlich über Fachhändler beziehen konnten, ist es nun möglich, die Produkte dieses Herstellers direkt und kostengünstig im neuen Onlineshop zu erwerben. Die Taucherinnen und Taucher wird es freuen, denn der Onlinehandel mit Tauchsportartikeln ist längst etabliert und hat gerade in Gebieten, in denen es den qualifizierten Fachhandel mangels Qualifikation oder Auswahl nicht oder nicht mehr gibt, gute Erfolge gefeiert.

Wir haben bei Aquata mal nachgefragt, was zu diesem Schritt bewogen hat, denn eines ist klar: Der Fachhandel wird diesen Schritt nicht besonders begeistert aufnehmen. Sandra Sporn, bei Aquata für eCommerce und PR zuständig, erklärte, dass es interessant sei, verschiedene Vertriebswege zu beschreiten. Ein Onlineshop sei nur ein weiterer Weg für Aquata. Und auch eBay und Amazon seien weitere Optionen, die aber zurzeit noch nicht konkret verfolgt werden würden, hieß es von Aquata.

Kann der Fachhandel überleben?

Der Handel ist über solche Veränderungen seines Marktes naturgemäß nicht besonders begeistert. Bei Tauchen Hamburg schüttelte man verständnislos den Kopf "So vergrätzt man sich noch die letzten Kunden, diese Tendenz geht gar nicht", hieß es vom Hamburger Fachhändler. Ähnliches hörten wir von weiteren Hamburger Tauchsporthändlern, wobei Ronald Bleck von "Bleckys Tauchservice" es am klarsten formulierte: "Aquata ist für mich gestorben! Erst wurden die Margen für den Tauchhändler immer weiter reduziert und nun das. Wenn ich nur 15 Prozent am Verkauf eines Tauchanzugs verdiene kann ich den Laden dichtmachen. Da gehe ich lieber Putzen..."

Drastische Worte, aber klar in der Aussage. Denn bei so geringen Gewinnmargen kann der Fachhandel nicht überleben, denn das sind Bruttoerlöse, die noch versteuert werden müssen und die Finanzierung des Lagerbestandes, Lagerkosten und reduzierte Abverkäufe von altem Lagerbestand lassen den Verdienst des Handels nochmals schrumpfen. Eine schwierige Situation, die drei Fronten darstellt, die ihre jeweilig eigene Interessenlage mit guten Argumenten unterstützen können.

Die Taucherinnen und Taucher sondieren die Märkte, wie wir es alle wohl mehr oder weniger auch tun. Wo kaufe ich meine Konsumgüter ein, wo bekomme ich die von mir gewünschte Qualität zum günstigsten Preis?, lautet die Frage, die sich immer mehr Taucherinnen und Taucher mit einer Internetrecherche selbst beantworten.

Viele Fachhändler trauern daher den längst vergangenen Zeiten nach, als sich die Tauchsportartikel wie von selbst verkauften, weil der Markt wuchs, die Nachfrage stieg und es Internethandel und Discounteraktionen noch nicht gab. Also: Ist der Fachhandel überflüssig geworden, ein Opfer der sich wandelnden Umstände?

Welche Strategie ist richtig?

Für Sandra Sporn von Aquata stellt sich diese Frage so nicht: "Wir wollen uns durch diesen Schritt auch neue Kundengruppen erschließen und das heißt noch lange nicht, dass wir mit Händlern nicht mehr zusammenarbeiten wollen."
Ralf Pulst von 7Oceans sagt, dass es auch eine moralische Frage sei. "Hersteller müssen einfach für sich entscheiden, ob sie ein Fachhandelsnetz haben wollen, oder keines. Wenn ein Hersteller selbst an den Endkunden verkauft und das eventuell auch noch unter dem unverbindlichen Verkaufspreis des Fachhandels, gibt’s nur eines: Kündigen und raus damit!" Und damit mein Ralf Pulst unisono mit vielen weiteren Händlern, dass die Branche sich selbst den Ast absägt, auf dem sie sitzt.

Diese Erkenntnis ist aber auch begleitet von der Forderung nach mehr Professionalität: "Für den Fachhandel wird es sehr schwierig und da wird es einen Verdrängungswettbewerb geben, dem am Ende viele Händler zum Opfer fallen," prognostiziert Ralf Pulst. Eine Lösung? "Das wird sehr schwierig, denn bestimmte Entwicklungen lassen sich nicht aufhalten. Unser Ansatz ist Qualität, guter Auftritt, diversifizieren und in allen Bereichen wie Verkauf, Präsentation, Ausbildung, Service, Kundenbindung, Ausfahrten und Reisen hoch professionell aufgestellt zu sein", nennt Pulst den Ansatz, den er mit seinem Geschäft recht erfolgreich verfolgt.  

Doch wie eine Verknüpfung dieses Bermuda-Dreiecks aus Hersteller, Fachhändler und Endkunde aussehen kann, damit gut funktionierende Strukturen nicht endgültig zerschlagen werden, weiß niemand so genau. Interessant aber riskant, der Ansatz von Aquata. Hilflos bisweilen der Ansatz des Handels und verständlich der Ansatz der Kunden.

Wie seht Ihr die Problematik? Brauchen wir Taucher eigentlich noch den Fachhandel? Geht Aquata einen logischen oder gefährlichen Weg? Und wir Endkunden und Verbraucher: Machen wir nicht einen fatalen Fehler, indem wir unsere Kaufentscheidung überwiegend vom Preis beeinflussen lassen?

Schreibt uns eure Meinung an redaktion@taucher.net mit dem Mail-Titel: "Fachhandel vs. Direktvertrieb"