Malediven: Mit Notstandsgesetzen gegen die aufmuckende Opposition

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05.11.2015 16:31
Kategorie: News

Ausnahmezustand auf den Malediven

Male im Sonnenuntergang - © dhambia
Es "raucht" im Paradies © dhambia

Sie ragen zwar nur zweieinhalb Meter über den Meeresspiegel hinaus, bei politischen Ränkespielen mischen die Malediven aber ganz oben mit. Erste Liga, sozusagen... Denn Abdullah Yameen, Präsident des Inselarchipels, hat am Mittwochmorgen den Ausnahmezustand über das Touristen- und Taucherparadies im Indischen Ozean verkündet und am Mittag in Kraft gesetzt.

Mit dieser Aktion sind auch Teile der Maledivischen Verfassung faktisch außer Kraft gesetzt. Vor allem Sicherheitskräften werden umfassendere Rechte eingeräumt: Festnahmen und Hausdurchsuchungen sind leichter durchzusetzen, Demonstrationen sind verboten und der Präsident kann während dieser zunächst auf 30 Tage beschränkten Maßnahme nicht abgesetzt werden.

Die Ausrufung des Notstandes (State of Emergency) erfolgte zwei Tage vor einer für Freitag 6. November von der oppositionellen Maldivian Democratic Party (MDP) angesetzten Großdemonstration in der 100.000 Einwohner beherbergenden maledivischen Hauptstadt Male. Hintergrund ist ein lange anhaltender Machtkampf im touristischen Inselparadies. Dieser fand Ende September seinen vorläufigen Höhepunkt in einer Explosion auf der Yacht von Präsident Yameen.  Der hatte, offiziellen Angaben zufolge, den Zwischenfall unverletzt überlebte. Seine Frau und weitere Begleiter seien verletzt worden, hieß es. Zunächst wurde die Explosion als "technischer Defekt" erklärt, später wurde von Regierungsstellen erklärt, ausländische Experten hätten Hinweise auf einen Bombenanschlag gefunden. Auf 'Spiegel Online' hieß es aber nun, dass "das FBI die Detonation auf dem Boot untersuchte, aber keine Hinweise für eine Bombenexplosion gefunden habe."

Luftaufnahme Male - © Gerald Nowak
Anflug auf Male © Gerald Nowak

Was sich genau abgespielt hatte, ist also immer noch ungeklärt. Es reichte aber scheinbar aus, um den damaligen Vizepräsidenten Ahmed Adeeb zu inhaftieren und aus der Regierung zu entfernen. Er sitzt immer noch in Male ein, denn ihm wird inzwischen ein Mordkomplott am Präsidenten vorgeworfen. Später mussten auch noch der Polizeichef von Male und der Verteidigungsminister ihre Hüte nehmen.

Den Zorn der Opposition hatte zuvor schon die Entmachtung des ersten demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Nasheed hervor gerufen. Der war bereits im Jahr 2012 mit Gewalt zum Rücktritt gezwungen und in diesem Jahr im März in einem spektakulären Prozess zu einer 13jährigen Haftstrafe verurteilt worden. Seine Festnahme und Verurteilung waren von Menschenrechtsorganisationen und den Vereinten Nationen heftig kritisiert worden. Nasheed hatte mit seinem Wahlsieg die fast 30jährige Alleinherrschaft des Präsidenten Mahmood Abdul Gayoom beendet, dessen Familie bis heute viele Schlüsselpositionen in der Justiz und im Sicherheitsapparat der Malediven besetzt. Und daher verwundert es auch nicht, dass Präsident Yameen, der ein Halbbruder des abgewählten Ex-Präsidenten Gayoom ist, nun mit Nachdruck versucht die Machtstrukturen in Male fest in der Hand zu halten.

Paradiesische Inseln - © Residence Maldives
Die paradiesischen Atolle und die Unterwasserwelt sind der Anziehungspunkt für Urlauber aus aller Welt
© The Residence

In einer offiziellen Stellungnahme des Maledivischen Tourismusministeriums, das der TN-Redaktion vorliegt, heißt es, "dass die Regierung der Malediven versichert, dass alle touristischen Aktivitäten im Land normal weiter laufen und die Situation auf den Malediven stabil sei und bleibe. Der ausgerufene Notstand werde keine Behinderungen bei Reisen nach oder innerhalb der Malediven verursachen. Die öffentliche Sicherheit habe allerhöchste Wichtigkeit und die Regierung versichert die Sicherheit der Region."

Ähnlich besänftigend hören sich auch die Stellungnahmen der deutschen Touristikbranche an. Während auf dem Touristikportal 'www.touristik-aktuell.de'  "vor allem die Kriminalität, darunter Messerstechereien unter rivalisierenden Jugendbanden" als Grund für die rüden Maßnahmen auf den Malediven genannt werden, begnügt sich das Deutsche Auswärtige Amt mit einem am 4. November veröffentlichten Reise- und Sicherheitshinweis: "Die Malediven erklären ab dem 04. November 2015 den Ausnahmezustand für die Dauer von 30 Tagen. Es ist mit Einschränkungen von Grundrechten zu rechnen. Reisenden wird empfohlen, Menschenansammlungen und Demonstrationen zu meiden und die Anweisungen der Sicherheitskräfte unbedingt zu befolgen.", heißt es hierin lakonisch.

Weniger harmlos hört sich jedoch die Stellungnahme der maledivischen Opposition an. Der Sprecher der MDP, Abdul Ghafoor, sagte: "Präsident Yameen hat die Kontrolle über das Land verloren. Sein wahnsinniges Regime taumelt von Krise zu Krise. Yameen hat jeden Oppositionsführer inhaftiert oder bedroht und hat Ermittlungen gegen 1.700 Aktivisten der Opposition eingeleitet. Und nun richtet er sich gegen die eigene Regierungsmannschaft indem er den Vizepräsidenten inhaftierte", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der MDP.

Pressemeldung der Regierung der Malediven   Statement der Opposition / Malediven
Brief der Regierung (links) und Statement der Opposition (rechts)
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Mit Spannung wird nun der morgige Freitag erwartet. Die Frage, ob sich die Opposition um die Aushebelung der verfassungsmäßigen Rechte schert, kann derzeit nicht beantwortet werden. Falls man an dem Aufruf zur Großdemonstration mit Zug durch die Hauptstadt Male festhält, dürfte es wohl mit der Ruhe in der Hauptstadt des Paradieses etwas schlechter bestellt sein.

Im Touristikportal  'touristik-aktuell.de' wird Reisegigant TUI zitiert: "Unsere Gäste in den Resorts auf den Inseln sind von der Ausrufung des Notstands nicht betroffen. Auch aus der Erfahrung der Vergangenheit heraus gab es keine Auswirkungen für Touristen", heißt es etwa von TUI. Davon abgesehen stehe man "in ständigem Kontakt mit den Kollegen vor Ort und beobachte die Lage".

Taucher.Net wird die Entwicklung im Auge behalten und weiter berichten.