14.10.2015 07:39
Kategorie: News
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Neues Unter-Eis-Netz kommt bei großräumiger Studie zur Verbreitung des Polardorsches zum Einsatz
© Alfred-Wegener-Institut/Hauke Flores |
Belugas, Narwale, Ringelrobben und zahlreiche Seevogel-Arten der Arktis haben eines gemein: Sie ernähren sich am liebsten vom Polardorsch Boreogadus saida. Der Fisch zählt damit zu den ökologisch bedeutendsten Tierarten des Arktischen Ozeans. Trotz dieser Schlüsselrolle ist das Wissen über ihn noch immer lückenhaft. Biologen wissen zwar seit Jahren, dass sich unter dem arktischen Meereis junge Polardorsche aufhalten. Wie viele dort leben oder woher sie kommen, aber war bislang völlig unklar. Wichtige neue Ergebnisse liefert jetzt eine Publikation im Fachmagazin Polar Biology, an der neben Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) auch Wissenschaftler der Universität Hamburg und des niederländischen Forschungsinstitutes IMARES beteiligt waren.
© Jan van Franeker – IMARES |
Die Daten wurden im Sommer 2012 während einer mehrwöchigen Arktis-Expedition mit dem Forschungseisbrecher "Polarstern" gewonnen. An 13 Stationen zwischen Grönland, Spitzbergen und Russland zogen die Wissenschaftler ein speziell entwickeltes Unter-Eis-Netz kilometerweit neben dem Schiff her. Das Netz ist etwa PKW-groß und so konstruiert, dass sein großer Rahmen bei jedem Fischzug unter das Meereis taucht. Schwimmkörper drücken es dann Richtung Wasseroberfläche und somit direkt unter die Eisschollen. Zudem ist dieses „SUIT“ (Surface and Under Ice Trawl) genannte Schleppnetz mit einer Kamera und verschiedenen Messgeräten ausgestattet, die unter anderem Eisdicke, Temperatur und Salzgehalt messen.
Auf diese Weise gelangen den Wissenschaftlern Fänge, die vollkommen neue Einblicke in den Lebenskreislauf des Polardorsches erlauben. "Bis zu unserer Expedition hatte es nur punktuelle Fänge oder Beobachtungen einzelner Polardorsche gegeben, die Taucher unter dem Eis gemacht hatten", sagt Carmen David. "Jetzt wissen wir: Direkt unter dem Eis leben vor allem ein bis zwei Jahre alte Jungfische, die sich unter anderem von Flohkrebsen ernähren. Da sich einige der Polardorsche unter Überhängen und in Spalten unter dem Eis aufhalten, haben wir mit dem Netz wahrscheinlich nicht alle Polardorsche fangen können - das heißt, dass die Polardorsch-Population unter dem Eis vielleicht sogar noch größer ist, als unsere Zahlen nahelegen."
Um herauszufinden, woher die jungen Polardorsche stammen, haben die Wissenschaftler Satellitendaten und Computermodelle genutzt, mit denen die langsame Bewegung des treibenden Meereises zurückverfolgt werden kann. Denn schon seit längerer Zeit wird vermutet, dass die jungen Fische mit dem treibenden Eis aus ihren Laichgebieten in die zentrale Arktis gelangen. Diese Laichgebiete befinden sich in den Küstengewässern der nördlich Sibiriens gelegenen Karasee und Laptewsee. Im Herbst bildet sich dort neues Meereis, das der Wind dann langsam Richtung Norden auf das offene Meer hinausschiebt. Die Jungfische, so die Annahme, wandern unter dem Eis mit.
© Alfred-Wegener-Institut/Hauke Flores |
Um herauszufinden, wie gut die Fische unter dem Eis ernährt sind, analysierten die Wissenschaftler das Gewebe der Tiere im Labor. Alle Fische waren in Topform: ein Hinweis darauf, dass es unter dem Eis offensichtlich ausreichend viele Flohkrebse gibt und das Meereis somit eine regelrechte Kinderstube der Polardorsche darstellt. Die neuen Erkenntnisse über die Jungtiere unter dem Eis sind vor allem deshalb wichtig, weil ungewiss ist, wie sich die Bestände des Polardorsches im Zuge des Klimawandels verändern werden.
Weitere Informationen: www.awi.de
Link zur Studie: link.springer.com/../s00300-015-1774-0