Studie: Vorgelagerte Inseln verstärken Tsunamis

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07.11.2014 15:04
Kategorie: News

Systematik von Tsunamis und Inselgruppen erforscht

Inseln verstärken Tsunamis
Simulation der maximalen Wellenhöhe am Beispiel des Sumatra
Tsunamis 2010 vor Mentawais. Ein signifikanter Anstieg an den
Küstengebieten hinter den kleinen vorgelagerten Inseln wurde
beobachtet. (Angepasst durch Jose Borrero, eCoast and USC, auf
Basis von Hill E et al. 2012 The 2010 Mw7.8 Mentawai earthquake:
very shallow source of a rare tsunami earthquake determined from
tsunami field survey and near-field GPS data. J. Geophys. Res.
117, B06402. (doi:10.1029/2012JB009159)).


Warum verwüstete der Tsunami von 2004 die Küsten von Sumatra so heftig, obwohl zahlreiche Inseln davor liegen? Bislang wurde für vorgelagerte Inseln eher ein Wellenbrecher-Effekt angeommen.

Durch ein Forscherteam des  Französischen Zentrums für angewandte Mathematik in Cachan wurde nun ein gegenteiliger Effekt bewiesen: Die Inseln wirken als Verstärker.

Das britische Fachmagazin "Proceedings of the Royal Society" veröffentlicht in seiner neuen Ausgabe eine Studie von Forschern, die mit Computersimulationen die Bewegung von Wellen studierten. Sie variierten dabei verschiedenste Parameter wie Inselhöhen, Wassertiefen und Distanzen. Einige Wissenschaftler hatten es schon länger vermutet - nun zeigen es auch Computersimulationen: Kleine vorgelagerte Inseln schützen die nachgelagerte Küste nicht, sondern können Tsunamis sogar verstärken.

Mit Hilfe von 200 Computersimulationen wurden die Bewegung von Wellen ausgiebig studiert. Untersucht werden sollte, ob die besonderen Verwüstungen im Jahr 2004 Folge einer ungünstigen Kombination der speziellen Meeresbodentopografie vor Sumatra und den möglichen Eigenheiten des damaligen Tsunamis waren oder ob es sich um ein generelles Phänomen handelt.

In den Computersimulationen variierten die Wissenschaftler um Themistoklis Stefanakis und Emil Contal und dem Co-Author der Studie Frédéric Dias, daher die Höhen von Inseln und Küsten, die Wassertiefe sowie die Distanz zwischen Küste und Insel selbst. Das Ergebnis: In keiner der 200 Computersimulationen schützte eine vorgelagerte Insel die dahinterliegende Küste. Im Gegenteil, die Inseln verstärkten die Energie des Tsunamis noch, teilweise sogar um bis zu 70 Prozent.

Inseln verstärken Tsunamis Aufnahmen der Messungen der freien Oberflächen Erhebung in Metern: Die Welle passiert die Insel und trifft
auf den dahinterliegenden Strand. Die Insel "konzentriert" die Welle auf ihrer Leeseite und die verstärkte Welle
strömt weiter Richtung Strand. Die Einheit für η vom logarithmischen Maßstab abweichend. Im vorliegenden
Fall ist die Hochlaufverstärkung 1,59. (Klick zum Vergrößern)


Oft habe sich eine Insel eher "wie eine Linse verhalten und die zerstörerische Kraft der Welle noch fokussiert", sagt Ko-Autor Frédéric Dias. Die Wellen schwappen beidseitig an den Inseln vorbei und treffen auf Nachbarwellen oder vereinigen sich hinter der Insel erneut. Ähnlich der Systematik von Monsterwellen - wenn Wellenfelder aus unterschiedlichen Richtungen aufeinandertreffen - verstärken sich die Wellen dadurch um teils ein Vielfaches.

Die Ergebnisse könnten nun einige Küstenbewohner sowie die zuständigen Behörden zum Umdenken angesichts ihrer Sicherheit bewegen, sagte Dias. Die jüngste Studie war auf den Weg gebracht worden, weil sich Wissenschaftler über die besonders schwere Verwüstung der indonesischen Insel Sumatra beim Tsunami 2004 gewundert hatten, obwohl diese von zahlreichen vorgelagerten Inseln umgeben ist.

Danke an Frédéric Dias für die Bereitstellung des Bildmaterials.