Buckelwale. Den sanften Riesen zum Greifen nah!

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21.11.2013 11:17
Kategorie: Reise

Jedes Jahr zwischen Januar und März versammeln sich über einer Untiefe rund 150 km nördlich der Insel Hispanola hunderte Buckelwale, um ihre Jungen zur Welt zu bringen und sich zu paaren. Sabine Hausner und Werner Thiele waren vor Ort und sah den Walen ins Auge.

Bericht von Sabine Hausner

"Breaaaaaach!" gellt uns der Ruf von Amanda, unserem weiblichen Kapitän ins Ohr, und instinktiv schnellt mein Kopf herum, um zu sehen, wie sich ein rund 15 Meter langer, torpedoförmiger, im gleißenden Sonnenlicht metallisch strahlender Körper, fast wie in Zeitlupe aus dem Wasser empor hebt. Elegant springt der Buckelwal einen halben Rückwärtssalto, den Bauch mit den tiefen Falten dem Sonnenlicht zugewandt. Die weißen, unendlich langen Brustflossen sehen fast aus wie Flügel. Ich wage kaum zu atmen, als das gewaltige Tier Sekundenbruchteile später mit einem ohrenbetäubenden Knall und einer hohen Gischtfontäne wieder zurück in sein Element fällt.

"Hast du es?" frage ich meinen Partner, doch eigentlich konnte ich das maschinengewehrartige Knattern des Kameraverschlusses ohnedies hören. Besorgt blicke ich mich um, hoffend, dass dieser magische Moment auf Zelluloid, pardon; auf "Compact Flash Card" gebannt ist. Das breite Grinsen, das mich anstrahlt, lässt alle Spannung weichen. Der Sprung, der "Breach", wie er auf Englisch heißt, ist im Kasten. Minuten später wiederholt sich die Szene, und auch diesmal sind wir schnell genug. Entspannt lausche ich dem "Klack-Klack-Klack" hinter meinem Rücken.


Seit drei Tagen befinden wir uns nun in den Silverbanks, einer Untiefe die sich über rund 1.680 km2 weit ausdehnt. Sie erhebt sich an wenigen Stellen fast bis an die Wasseroberfläche. Es gibt keinerlei Inseln, und der einzige markante Punkt ist das in den letzten Jahren immer mehr und mehr zerfallende Wrack des Frachters Polyxeni, der hier vor rund 30 Jahren an einem der vielen Korallentürme zerschellte. Die nächsten Inseln sind die Dominikanische Republik im Süden bzw. die ebenfalls fast 150 km entfernt liegenden Turcs & Caicos Inseln im Nordwesten.

Bereits 1986 erkannte die Regierung der Dominikanischen Republik die Bedeutung und Einzigartigkeit der Silverbanks als Walrückzugsgebiet und stellte sie unter Schutz. Am 5.Juli 1996 wurde durch ein persönliches Dekret des Präsidenten dieser Schutzstatus, ebenso wie die Schutzzone selbst erweitert. Nun war auch die weiter südöstlich liegenden Navidad Banks mit eingeschlossen. Heute besitzen nur drei Schiffe eine Sondergenehmigung, um dieses einzigartige Gebiet anzufahren und schnorchelnden Gästen zu erschließen.

Tauchen ist in den Silverbanks nicht gestattet, nur passives Schnorcheln, oder "Soft Water Encounters", wie dies unser Kapitän genannt hatte.

Immer und immer wieder dürfen wir, wenn ein Wal geortet wird, von dem wir vermuten, dass er unsere Nähe dulden könnte, mit unserer Schnorchelausrüstung ins Wasser. Und ebenso schnell aus dem Wasser heraus, um hinterherzufahren und es erneut zu versuchen. Oft sind die Begegnungen nur kurz, oder der Wal ist mit einer minimalen Flossenbewegung bereits aus unserer Sicht geglitten. Doch ebenso häufig bleiben die sanften Riesen und dann können diese Begegnungen sogar mehre Stunden andauern.

"Es gibt unterschiedliche Arten der Begegnung. Wir unterscheiden verschiedene Verhaltensweisen bei den Buckelwalen" klärt man uns am ersten Tag auf. "Es gibt die Begegnung Mutter mit Kalb, die wir in den geschützten Riffbereichen, der 'Nursery' am meisten sehen werden. Die Mütter aber sind sehr vorsichtig! Da die Kälber neugeboren und erst wenige Tage oder Wochen alt sind, muss 'Mami' viel ruhen und schwebt dann rund 10 Meter unter uns, wo sie ihr Nickerchen hält. Das Kalb ist meist irgendwo unter ihrem Kopf oder Bauch versteckt, und regelmäßig wird Mami ihre Brustflossen öffnen, bei kleinen Kälbern sogar nachhelfen, um es zum Atmen an die Wasseroberfläche zu schicken. Neugeborene Kälber haben einen Atemrythmus von ungefähr zwei Minuten, nach drei Wochen können sie vier Minuten tauchen – während Mami bis zu 25 Minuten unter Wasser bleiben kann. Ihr werdet immer von der Mutter aufmerksam beobachtet, sie hat alles im Auge und erlaubt ihrem Kalb nur mit euch zu 'spielen', wenn ihr zusammen in einer Linie bleibt, wo sie euch gut sehen kann. Versucht ja nicht abzutauchen, denn das erschreckt sie, und Luftblasen, die unter der Wasseroberfläche ausgestoßen werden, sind für Wale wie Aggressionszeichen, vor allem unter den Männchen. Aus diesem Grund ist auch das Tauchen mit Gerät absolut sinnlos!"

Fasziniert haben wir am ersten Tag unseres Abenteuers das Briefing aufgesogen, von singenden "Schläfern" und atemberaubenden „Valentines“ gehört, dem Paarungstanz der Wale, bei dem sich ein oder zwei Männchen um ein Weibchen bemühen und unter Wasser tanzen. Schnorchler sind bei den "Valentines", dem Liebestanz, welcher in Anlehnung an den Tag der Liebenden, den Valentinstag, so benannt wurde, von den Walen fast immer geduldet. Gerade bei diesen Begegnungen gibt es die Ausnahme, dass man auch einmal abtauchen darf, um mit ihnen zu "tanzen".

Abrupt werden meine Gedanken an das Briefing vor drei Tagen unterbrochen: "Das Kalb hat aufgehört zu springen, und Mami war gerade oben, um zu atmen. Macht euch leise fertig!" flüstert uns Amanda zu. Schweigend werden die Flossen angezogen, Masken weitergereicht, Schutzkappen von den großen Kameraweitwinkelports entfernt. Amanda gleitet vorsichtig und geräuschlos ins Wasser, und schwimmt mit seitlichen Flossenschlägen in die Richtung, wo der Wal zuletzt gesehen wurde. Schließlich soll Mami nicht geweckt werden. Mit einer Handbewegung über der Meeresoberfläche deutet sie uns, dass der Wal unter ihr ist, und dann, mit einer weiteren, dass wir kommen sollen. Mein Herz schlägt schon wieder bis zum Hals, obwohl wir in den letzten drei Tagen schon etliche Begegnungen unter Wasser mit diesen friedlichen Riesen hatten. Ich gleite in das tiefblaue, klare, und warme Wasser und bewege mich, wie ein Indianer auf dem Kriegspfad, lautlos in Richtung Amanda und Wal. Schon von weitem leuchten mir die weißen Brustflossen der Walkuh aus der Tiefe entgegen. Dann sehe ich die viel kleineren Flipper des Kalbes. Es ruht direkt unter dem Kopf der Mutter, äugt interessiert zu uns herauf.

Dann drückt die Mutter ihr Kalb sanft am Bauch, animiert es aufzutauchen. Elegant kommt das rund vier Meter "kleine" und fünf Tonnen schwere Kalb direkt auf mich zu. Ich wage es kaum mehr zu atmen. Direkt vor mir durchstößt es die Wasseroberfläche, dreht ab – und kommt mit unbeholfen wirkenden Bewegungen auf uns zu. Es will spielen! Das Kalb dreht sich vor uns auf den Rücken, zeigt den Bauch, rudert verspielt mit den noch viel zu langen Brustflossen, wirft die Schwanzfluke aus dem Wasser – und trifft meinen Partner mit voller Wucht. Im Blasenwirbel sehe ich zuerst nichts, dann, dass sich wohl beide, ob dieser etwas „zu nahen“ Begegnung, erschreckt haben. Das Baby dreht ab, Werner hält sich die schmerzende Schulter, lacht aber in meine Richtung. "Gott sei Dank!" fährt es mir durch den Kopf, "nichts passiert!". Walbabys haben, im Gegensatz zu ihren Müttern, ihre Körperteile noch nicht recht unter Kontrolle und unterschätzen oft ihre Kraft – und wie weit ihre Flossen reichen.

Das Walbaby hat sich in der Zwischenzeit wieder unter seiner Mutter versteckt; man könnte fast meinen, es schäme sich ein bisschen, als es zu uns herauf äugt. Erst jetzt sehe ich, dass hinter der Mutter ein großer Bulle, ein „Escort“ wie Amanda ihn nennt, auf seine Auserwählte und deren Nachwuchs aufpasst. "Irgendwie wie ein parkendes U-Boot..." denke ich mir. Doch die zwei Minuten sind um, und das Baby kommt wieder nach oben, dreht erneut seine Runden, beäugt uns aus nächster Nähe. Als die Brustflosse herum schwingt, mache ich ihr respektvoll Platz. Neben mir höre ich schon wieder das vertraute "Klack-Klack-Klack". Nun, Werners Schulter scheint nicht wirklich lädiert zu sein. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Mami nun atmen will, und der Escort von unten direkt auf Werner zusteuert! Was für ein Anblick, als die fast fünf Meter lange Brustflosse, ganz nahe an meinen Partner herankommt. Doch anders als die Kälber verfügen die älteren Tiere über eine enorme Körperbeherrschung, und der Wal zieht die Spitze seines Flippers nur wenige Zentimeter vor der Kamera vorbei. Da ist es wieder, dieses breite Fotografengrinsen, und ich weiß: Die Aufnahme ist im Kasten – und sie muss atemberaubend sein! Noch zwei Stunden spielen wir mit den drei Walen, dann müssen wir im Abendlicht zurück auf unser Boot.

Reiseinfos

Wann: Januar-April
Beste Reisezeit: Ende Februar & Anfang März
Wo: Silverbanks – acht Stunden nördlich der Dominikanischen Republik
Wie: NUR Schnorcheln
Schiff: Turks & Caicos Aggressor II
Zu buchen bei: www.waterworld.at

Termin 1: 22.02.2014 – 01.03.2014
Termin 2: 01.03.2014 – 08.03.2014

Kinder ab 8 Jahren sind mit ihren Eltern herzlich an Bord willkommen! Termine 2014 passend zu den Winterferien in Bayern, Saarland und Sachsen!

Kinderermäßigung für 2014: Kinder von 8-14 Jahren 20% Kinderermäßigung (auf den Schiffspreis); Kinder von 14-18 Jahren 10% Kinderermäßigung (auf den Schiffspreis)


Preis: ab 3.275,- US Dollar pro Person (inkl. aller Gebühren vor Ort, exkl. Flug)
Dauer: 8 Tage 7 Nächte
Flug: Europa – Puerto Plata – Europa ab ca. 850,- EUR

In diesen zwei Wochen, die wir in den Silverbanks verbringen, erleben wir unendlich viele solcher Begegnungen. Sowohl unter als auch über Wasser. Singende Buckelwale lassen Wassertropfen auf der Wasseroberfläche tanzen, Mütter schicken vertrauensvoll ihre Kälber zu uns hoch, damit diese "etwas" zum Spielen haben. Ein Valentine raubt uns schier die Sinne und über Wasser verfolgen wir im langsam tuckernden Schlauchboot sogenannte "Rowdygroups", mehrere miteinander, um die Gunst der Weibchen kämpfende Bullen. Wale schlagen vor unseren Augen mit ihren Flippern und Fluken oft minutenlang auf die Wasseroberfläche ein, und immer wieder hören wir den schallenden Ruf "Breaaaaaach!", wenn sich ein tonnenschwerer Wal wie eine "Cruise Missile" aus dem Ozean empor hebt.

Der Moment, wenn eine 15 Meter lange Buckelwalkuh langsam nach oben kommt, aus nächster Nähe mit ihren gutmütigen und friedlichen Augen das "Spielzeug" ihres Babys mustert, so als wolle sie sagen: "Ihr dürft mit ihm spielen, aber seid ja nett zu ihm!". Vielleicht können Wale ja unsere Gedanken lesen, wenn wir ihnen antworten: "Mach dir keine Sorge, wir passen gut auf ihn auf! Wir machen nur ein paar Fotos!". Habe ich da ein verständnisvolles Augenzwinkern gesehen, als Mami wieder nach unten ging, um ihr Nickerchen zu halten – oder war das gerade nur Einbildung?

Video zum Thema:

Buckelwale in den Silverbanks. Weitere Videos zu den Silver Banks.