Malediven - Medhufushi. Tores Hammer

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28.12.2013 16:57
Kategorie: Reise


Maledivenkenner sagen oft, eine Insel für Taucher muss einfach sein und ein gutes Hausriff haben. Medhufushi hat fünf Sterne und gar kein Hausriff. Dennoch soll das Eiland im Meemu-Atoll eine der besten Adressen für Großfischsüchtige darstellen. Warum nur?

Bericht von Linus Geschke

Das Meemu-Atoll gehört zu den abgelegeneren Atollen, rund 150 Kilometer von Male entfernt. Die Anreise erfolgt immer mit dem Wasserflugzeug, und im ganzen Atoll gibt es nur zwei touristisch genutzte Inseln. Medhufushi ist eine davon. Rund 900 Meter lang, 200 Meter breit. Dicht bewachsen mit Palmen, umgeben von einem feinsandigen Strand, gelegen in einer türkis schimmernden Lagune. Ein Postkartenidyll. Geformt aus den Träumen, für die die Malediven stehen. Und eine Insel, die bei deutschen Tauchern beliebt ist, obwohl sie nicht hat, was sonst alle wollen: Ein Hausriff.

Das Highlight Medhufushis, was Tauchspots angeht, erreicht man nach rund 25 Minuten Fahrtzeit. Wenn nicht gerade eine der empfehlenswerten Ganztagesausfahrten ansteht, steuert die Werner-Lau-Basis nahezu täglich ein Gebiet an, das alles bietet, was man mit den Malediven unter Wasser verbindet. Es ist ein Kanal. Ein einziger Kanal nur, aber der hat es in sich. An einer Ecke liegt der Tauchplatz "Shark Tongue": Hier gibt es Weißspitzenhaie im Überfluss, so sicher wie ein Schweizer Uhrwerk. Auf der anderen Seite liegt "Mantas and more"; ein Spot, bei dem der Name zuverlässiges Programm ist. Man kann auch hundert Meter von der Ecke entfernt ins Meer springen, direkt an der Riffwand. Dann nennt sich das Ganze "Boahura Express", aber es ändert sich nicht viel: Der Drifttauchgang endet bei "Mantas and more" und die zu erwartenden Begegnungen sind in etwa dieselben.



Man kann Taucherlebnisse in wunderschöne Worte packen. Man kann sich aber auch auf die Fakten beschränken. Manchmal kommen diese mit einer solchen Wucht daher, dass alles Ausschmücken überflüssig ist. Hier sind unsere: Zehn Tauchgänge an diesem Kanal. Keiner ohne Haie. Keiner ohne Mantas. Genauer: Keiner ohne Haie und Mantas. Und nie waren es flüchtige Erlebnisse. Keine schnell vorbeiziehenden Rochen und Haie am Rande der Sichtgrenze – sondern Haie im Dutzend, manchmal bis zu dreißig Stück auf einmal, dazu Mantas, die auf Kuscheln programmiert sind. Ganz großes Kino, jedes Mal.

Auch die Insel passt dazu. Ja, es sind fünf Sterne, aber solche von der lässigen Art. Alles geht barfuß. Die Freundlichkeit des Personals – gerade im Restaurant – könnte besser sein, aber das ist ein Problem, welches viele Malediveninseln haben.

Nichts Dramatisches.Und es wird herausgerissen durch die Freundlichkeit der Basis, durch die tollen Bungalows (den Aufpreis für die Wasserbungalows kann man sich sparen), durch das tolle Essen und das für Maledivenverhältnisse akzeptable Preis-/Leistungsverhältnis – es gibt Drei- bis Vier-Sterne-Inseln, die teurer sind.

Geleitet wird die Tauchbasis von Julia van Beinum, einer Holländerin, und von Tore Bratland, einem Dänen. Um seinen Hals baumelt Thors Hammer an einer Kette. "So können sich die Gäste meinen Namen leichter merken", sagt er. Es ist keine Basis, die jemals den ersten Preis bei "Geiz ist geil" abräumen wird, aber eine, die ihr Business versteht.

Ausbildung? Maximal zwei Schüler pro Tauchlehrer. Service? Von den kostenlosen Getränken bis zu den Handtüchern an Bord ist alles dabei. Level der Ausbilder? Hervorragend. "Bevor du bei Werner Lau auf den Malediven arbeiten darfst, musst du zuerst mal ein dreimonatiges internes Programm durchlaufen", erzählt Julia. "Da lernst du zum Beispiel alles über Strömung: Welche Arten es gibt, wie man mit ihnen umgeht, wie man am besten dagegen ankommt. Du lernst, wie die Briefings zu sein haben: Anfangs ausführlich, damit der Gast keine offenen Fragen hat, später dann immer knapper, damit er nicht durch ewig gleiches Blabla gelangweilt wird."

"Um dieses Training kommt keiner rum", ergänzt Tore: "Wir hatten mal einen Tauchlehrer aus Ägypten, der über 5.000 Tauchgänge hatte. Das nutzte ihm hier jedoch nichts. Auch der musste lernen, wie er mit der Strömung umzugehen hat. Und wenn man dabei merkt, dass sein Luftverbrauch zu hoch ist, muss er in die flache Lagune, um zuerst mal richtiges Atmen zu üben. Passt ihm das nicht – Pech gehabt!"

Dive of my life


Dann packt Tore den Hammer aus. Nimmt drei Scooter mit an Bord und verspricht, dass der kommende Tauchgang unvergesslich sein wird. Und auch dies ist etwas, was diese Werner-Lau-Basis auszeichnet: Hier ist der Scooter nicht eines jener gelben Plastikspielzeuge, die in einem Swimmingpool noch ganz nett sein mögen, auf einer professionellen Basis jedoch nichts verloren haben. Hier kommen die Scooter von Multitec – rot gestrichene Torpedos mit ordentlich Kraft und Ausdauer. Richtig "Old School", wie Tore es nennt. Drei Gänge haben sie, und spätestens ab dem zweiten werden die Arme lang. "Muskelkater am nächsten Tag ist normal", sagt Tore. "Aber wart mal ab – das lohnt sich."



Dann geht es ins Wasser. Bei einlaufender Strömung, die stellenweise so stark ist, dass einen die Scooter gerade noch auf der Stelle halten können. Und es geht ins Niemandsland. Richtung Kanalmitte, Richtung Kanalkante. Da, wo einen der biologisch gegebene Flossenantrieb nie hinbringen würde. Und dort sind sie dann. Mitten im Kanal. Graue Riffhaie, Silberspitzenhaie. Sie sind vor, hinter, über und unter einem. Sind es vierzig, fünfzig, sechzig Stück? Keine Ahnung. Keine Zeit zum Zählen. Dritter Gang und weiter. Noch mehr Haie, dazu Mantas auf der Riffkante und Adlerrochen im Freiwasser. Die Nummer dauert 45 Minuten, dann ist auch bei erfahrenen Tauchern die 15er Flasche leer. Die Kraftanstrengung, die Aufregung, die Reizüberflutung. Zurück bleiben die Erinnerungen an einen Tauchgang, den man wahrscheinlich nie vergessen wird. Wen interessiert jetzt noch der Muskelkater?

Weitere Infos und Buchung

Werner Lau Medhufushi
& M/Y Sheena

Diving Centers Werner Lau

Zurück zum Ausgangspunkt: Wie haben wir angefangen? Medhufushi ist eine Fünf-Sterne-Insel ohne Hausriff. Das bleibt die Wahrheit. Zumindest ein Teil von ihr. Der andere liegt unter Wasser. Und hier wird es den Gästen nicht leicht gemacht; hier ist Strömung angesagt.

Dafür bekommen sie dann auch mit das Beste zu sehen, was die Malediven zu bieten haben. Erholen kann man sich ja an Land – oder man kombiniert die Insel mit einer Tauchsafari auf der Sheena, die von hier aus zu ihren ein- bis zweiwöchigen Touren startet. Spätestens dann liegt selbst das Hausriff auch immer nur einen Sprung entfernt. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte...



Video zum Thema:



Tauchsafari ua. Meemu Atoll auf der M/Y Sheena.