Süd-Sinai. Das Meer, die Wüste und die Berge

Teile:
23.05.2013 10:54
Kategorie: Reise

Der Südsinai zählt zu den besten Tauchgebieten der Welt. Die Korallenriffe von Ras Mohammed und Tiran beeindrucken immer wieder aufs Neue mit ihrer Farbenpracht und dem pulsierenden Leben. Gleich hinter der Küste ragen hohe Berge empor- und dahinter noch höhere. Was gibt es dort wohl zu entdecken?

Tauchen und Trekking mit Harald Mathä

Das Blau ist unendlich. Blautöne wohin man den Kopf auch wendet. Ein Blau, das nach unten immer dunkler und nach oben immer heller wird. Wie tief ist es eigentlich hier? 100 Meter oder 1000? Egal! Nach wenigen Minuten im ewigen Blau kommt wieder etwas in Sicht. Erste Strukturen des Shark Reef sind zu erkennen. Aus 25 Metern Tiefe sind die Wellen an der Wasseroberfläche klar zu erkennen. Nur unsere Luftblasen perlen ihr entgegen. Dieser Tauchgang durch das ewige Blau zwischen Anemone City und dem Shark Reef ist für mich einer der beeindrucktesten Tauchgänge überhaupt. Wie ein Astronaut schweben im ewigen Blau. Wirklich nichts lenkt in diesen magischen Minuten ab.

Ras Mohammed Nationalpark

Natürlich kommt man nicht nur deshalb an einen der besten Tauchplätze der Welt um im ewigen Blau zu sinnieren. Vielmehr um farbenprächtige Weichkorallen zu sehen, die sich mit Wasser vollgepumpt haben und wie Blumenwiesen am Riff wachsen. Oder die riesigen Fächerkorallen, die quer in die Strömung stehen. Gleich neben einer dieser lauert ein prächtiger Juwelenzackenbarsch auf Beute. Zwischen den Korallen am Abhang pulsieren rote und orange Riffbarsche in dichten Wolken. Diese hat der blaugepunktete Raubfisch im Auge!

Eine Sehenswürdigkeit von Ras Mohammed ist das Jolanda Reef. Es bekam seinen Namen von dem zypriotischen Schiff, das 1980 hier auflief und bis 1987 im Riff steckte, ehe es sank. Dabei verteilte es seine Ladung Sanitärkeramik über das Riff, welche seither für kurzweilige Tauchgänge sorgt. Weniger die Sitzbadewannen, sondern die Kloschüsseln Marke "Ideal Standard" dienen täglich für allerhand spaßige bis skurrile Fotos. Spaßvögel sollen auch schon welche geborgen und in der heimischen Toilette montiert haben.



Im Sommer ist Ras Mohammed berühmt für die riesigen Schwärme von Makrelen, Schnappern und Straßenkehrern, die es dann hier zu sehen gibt. "Die Sonne verfinstern" ist da keine Übertreibung!

Tiran

Wie auf einer Kette aufgefädelt liegen die Perlen des südlichen Golfs von Aqaba praktisch vor der Haustür: Woodhouse-, Jackson, Thomas- und Gordon Reef ragen aus etwa 1000 Metern Tiefe empor. Jeden Tag schieben die Gezeiten gigantische Wassermassen an ihnen vorbei. Die Strömungen spülen dabei manch wunderlichen Bewohner der Tiefsee nach oben: Salpen beispielsweise oder Gelege von Tiefseekalmaren.

Die vier Riffe fallen steil ab und sind wunderschön mit allen Arten von farbenprächtigen Korallen bewachsen. Zwischen ihnen schwimmen gelbe Falterfische und schön gemusterte Kaiserfische umher. Trotz aller Schönheit der Riffe und ihrer Bewohner sollte man auch mal nach oben, unten und ins Freiwasser schauen: Alles ist möglich! Die Riffe von Tiran werden als Ganztagesausfahrten oder auch mit dem Speedboat angeboten.


Infobox Sharm el-Sheikh

Flughafen: Sharm el-Sheik (SSH)
Visum: 15 US$
Währung: Ägyptische Pfund (L.E.) 1€= 8,7 L.E.
Strom: in touristischen Einrichtungen wie bei uns
Sichtweiten: ganzjährig sehr gut
Beste Reisezeit: ganzjährig- im Sommer sehr heiß!
Wassertemperatur: 20 bis 29°C

Altmetall!

Am südlichen Sinai sind auch einige der berühmtesten Wracks des Roten Meeres, wenn nicht sogar weltweit zu finden. Allen voran natürlich die "Thistlegorm" (Thistlegorm - der Tauchplatz). Das englische Transportschiff wurde 1941 von einem deutschen Bomber versenkt und liegt seither aufrecht in 30 Metern Tiefe. Faszinierend ist die Betauchung der Laderäume: Von Lastwagen über Motorräder bis massenhaft Kriegsgerätschaften ist alles zu finden, was die in Afrika kämpfenden Truppen benötigten. Die "Thistlegorm" ist aber Frühaufstehern vorbehalten, da die Anfahrt über mehr als 30 Seemeilen einige Stunden dauert.

Ein anderes faszinierendes Wrack ist die "Dunraven", die etwas näher liegt. Das englische Handelsschiff kam aus Indien, rammte 1876 ins Sha´ab Mahmud und sank. Heute liegt das Wrack kieloben in 30 Metern Tiefe. Die riesige, einst vierblättrige Schiffsschraube ist ein tolles Fotomotiv. Durch mehrere Öffnungen kann man ins Wrack eindringen. Rostige Leitungen und Ventile erscheinen im Schein der Tauchlampe. Die beiden riesigen Dampfkessen sind aus ihren Halterungen gebrochen und liegen am Boden. Tauchen an diesem Wrack ist Kolonialgeschichte pur!

Neben diesen beiden locken am Südsinai noch eine Menge anderer Wracks, wie die Kormoran, die Kingston, die Million Hope usw. Auch an der Küste gibt es etwa 30 Tauchplätze, die allen Ausbildungsstufen gerecht werden. Zu den beliebtesten zählen Tower, The Gardens und Ras Nasrani.

Infobox Camel Dive Club & Hotel

zentral in der Na´ama Bay an der Fußgängerzone

Geöffnet: ganzjährig
Basisleiter: Miki Clark (CH)
Sprachen: viele, auch Deutsch
fon: +20-69-3600700
mail: info@cameldive.com
web: www.cameldive.com
Ausbildung nach: PADI, TDI
Transport: Busse, Tauchboote, Speedboat
Besonderheiten: Nitrox für Brevetierte gratis. Internationales Flair. Hohes Sicherheits- und Qualitätsniveau. Tagesfahrten nach Dahab. Möglichkeit auf gemütliches Dekobier oder Sisha beim Taucherplausch im schattigen Innenhof. Eigenes Hotel, Restaurants, Bars und Eisdiele sowie Camel Tribe Shop.

Abseits der touristischen Ströme – Trekking im Sinaigebirge

An der Küste schwitzt man noch, hoch oben im Gebirge hat es nur mehr wenige Grade über Null und der böige Wind macht es noch kälter. Unser Guide Salem merkt, dass seine Gäste frösteln und sucht nach Feuerholz. Kurz darauf lodert ein kleines Feuer und strahlt seine Wärme aus. Nicht mehr lange und die Sonne wird hinter den Gebirgskämmen bei Dahab im Meer versinken. Während die Sonne sich immer weiter verfärbt und scheinbar so groß wie eine Orange wird, färben sich die alten Mauern tiefrot und die grob behauenen Steine scheinen zu glühen.

Ein verfallener Palast auf einem der höchsten Berge des Sinai? Wie denn das? Im 17. Jahrhundert lebte ein lungenkranker Pascha. Von der dünnen Bergluft erhoffte er sich Linderung und ließ sich einen prächtigen Palast in 2.383 Metern bauen. Heute heißt der Berg nach ihm Gebel Abbas Basha. Da ein Pascha nicht gerne zu Fuß in die Berge geht und Seilbahnen noch nicht erfunden waren, ließ er sich für seine Sänfte eine bequeme Straße rauf bauen. Teile davon werden heute noch begangen! Doch bevor der Palast schlüsselfertig war, starb der Herrscher.

Was bei uns längst überwuchert und erodiert wäre, bleibt in der Wüste fast ewig erhalten. Auf einem Felsen im Wadi Shagg sind auf einer Felswand Inschriften aus ptolemäischer Zeit (ca. 200 v.Chr.) zu entdecken. Nicht weit davon ein Steinhaus aus dieser Zeit; dahinter ein Felsengrab und im Sand ein ausgebleichter Halswirbel. Noch nicht morbid genug? Um das Katharinenkloster (brennender Dornbusch und Berg Moses!) gab es immer viele Einsiedler, die es Moses gleichtun wollten...

...eine ihrer Höhlen entdecken wir etwas später. Durch eine kleine Öffnung dringt Licht in die zugemauerte Klause. Hat sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt, entdeckt man Skelettreste: Oberschenkelknochen, ein Becken und Rippen. Nach einem kurzen Innehalten ziehen wir weiter zu einem uralten Weinstock. Hat der fromme Mann diese Rebe gepflanzt?

In engen Schluchten ist das ganze Jahr über Wasser zu finden und immer wieder überrascht es, wie grün die nur scheinbar trostlose Gebirgswüste sein kann.



Lust auf Sinai pur bekommen? Ein sehr empfehlenswerter Veranstalter für Touren abseits der 08/15 Touristenausflüge ist Wilderness Ventures Egypt.

Ausblick

Ägypten hat eine schwierige Zeit hinter sich. In den nächsten ein bis zwei Jahren sollte aber wieder die altgewohnte Normalität einkehren. Dafür hat man jetzt die Chance, sonst volle Tauchplätze wie etwa die Thistlegorm fast für sich alleine zu haben! Doch am Sinai kann man noch viel mehr unternehmen als nur baden und tauchen. Trekkingtouren in das Gebirge sind etwas ganz Außergewöhnliches, das jeden Naturliebhaber begeistern wird!

Video zum Thema:

 


Das Video stammt von Tauchgängen ua. rund um Ras Mohammed, Ras um Sid und der Strasse von Tiran.

Weitere Videos zum Roten Meer in unserer Videothek (Ägypten).