Utila. Für die besonderen Momente

Teile:
30.10.2011 09:45
Kategorie: Reise


Es ist einer dieser Orte, über die man eigentlich gar nicht öffentlich schreiben sollte. Weil Berichte über sie die Massen anziehen könnten, die das zerstören, was diese Orte so einmalig macht.

Aber immer nur Malediven und Rotes Meer geht ja auch nicht. Deshalb stellt DiveInside hier ein Ziel vor, welches ausmacht, was ihm alles fehlt: Utila – eine Insel für die besonderen Momente im Leben.


Bericht von Linus Geschke

Für manchen ist das Tauchen der einzige Grund für einen Tauchurlaub, alles andere interessiert nicht. Diese Menschen findet man häufig auf Tauchsafaris: Drei, vier grandiose Tauchgänge am Tag, dazu essen, trinken und schlafen, mehr wollen sie nicht. Andere wiederum mögen die Kombination aus schöner Landschaft und ansprechenden Tauchgebieten, wie man sie am Mittelmeer, auf Bali, den Philippinen oder eigentlich im gesamten ostasiatischen Raum findet: Hierfür gibt es hunderte solcher Orte, viele davon austauschbar: Palmen, Strand, tolle Hotels, nette Tauchgebiete.

Wer aber die ganz besondere Reise sucht, die mit dem einmaligen und nur an diesem Ort erlebbaren Flair, der hat es schwer. Wohin, wenn man eine touristische Infrastruktur wünscht und dennoch nicht an einem Platz landen will, wo schon Hunderttausende vor einem waren? An dem sich nicht Hotel an Hotel reiht, die Strände leer sind und es keine riesigen Bausünden aus Beton gibt? Wo gibt es Orte mit einer ganz besonderen Ausstrahlung, mit einem Flair, das man danach sein Leben lang nicht vergisst?

Utila, die kleine Karibikinsel vor der Küste von Honduras, ist einer dieser Orte. Einer der letzten weltweit. Hier gibt es keinen groß organisierten Pauschaltourismus, keine Neckermänner und keine TUI-ler. Es gibt auch keine 4- oder 5-Sterne Hotels, keine touristischen Attraktionen, keine Baudenkmäler.

Was es gibt, das sind Weltreisende, die sich auf den "Backpacker-Trail" gemacht haben, der von Guatemala über Honduras bis nach Nicaragua führt: Reisende in wenig erschlossene Welten. Wenn diese Reisenden auf den honduranischen "Bay-Islands" ankommen, dann wollen sie nicht nach Roatan: zu viele Kreuzfahrttouristen, zu amerikanisch, zu gute Hotels, zuviel Karibik wie aus dem Bilderbuch. Auf Utila gibt es all das nicht. Was es gibt, sind windschiefe Holzhäuser, bunt angemalt, kleine Bars auf Stegen, die ins Meer führen, Essen und Unterkunft für eine Handvoll Dollar und Einheimische, die Besucher nicht ausschließlich als Devisenbringer sehen, sondern als Menschen, mit denen man auf der 42 Quadratkilometer großen Insel jede Menge Spaß haben kann.


Infobox Utila


Utila ist – obwohl exotisch und weit abgelegen – ein durch und durch günstiges Reiseziel. Zweiwöchige Kombinationen aus Flug, Hotel, Tauchen und allen Transfers sind schon für unter 2.000 Euro zu buchen.

Man sollte allerdings auch bereit sein, sich auf die Insel und das ganz spezielle Flair dort einzulassen: Wer durch und durch perfekt funktionierenden Pauschaltourismus sucht, ist auf den Kanaren sicher besser aufgehoben.



Unter all den Unterkünften, die es auf der Insel gibt, ist das Mango Inn so etwas wie die Luxusvariante. Ein Pool, ein Restaurant, große Zimmer mit eigenem Bad und Klimaanlage, mehr geht hier nicht. Gut, auch hier kann man einfach wohnen: Viererzimmer für Backpacker, von denen sich drei Zimmer eine Dusche teilen müssen. Aber wer die Komfortvariante wählt, das Standard- oder gar Deluxe-Zimmer, bekommt alles, was man zumindest von einem 3-Sterne-Hotel erwarten darf – inklusive "authentischer" Atmosphäre und Personal, welches eher durch natürliche Freundlichkeit als durch distanzierte Professionalität auffällt.


Das Mango Inn auf Utila samt Tauchbasis


Zum Hotel gehört auch das Utila Dive Center, eine recht große Basis, die über mehrere eigene Schiffe verfügt: Anfänger, Kursteilnehmer und erfahrene Taucher können so in passenden Gruppen zusammengefügt werden. Vielleicht geht der Basis ein ganz klein wenig ab, was die Insel ansonsten ausmacht: Das Kleine, das Gemütliche, das Besondere – gut und sicher aufgehoben ist der tauchende Gast aber allemal.

Geflecktes Fabeltier


Wer zum Tauchen nach Utila kommt, hat meist den Walhai vor Augen. Das gefleckte Sehnsuchtstier lässt sich gerade in den Monaten März, April und Mai sowie August, September und Oktober häufig vor der Küste blicken: Zumindest dann, wenn man ein klein wenig Glück mitbringt.

Wie fast überall in der Welt gibt es auch hier für Walhaisichtungen keine Garantien, nur gute und weniger gute Chancen. Manches Mal sieht man auch im Februar einen, manches Mal auch im September keinen, dann muss man sich mit dem trösten, was Utila sonst noch unter der Wasseroberfläche zu bieten hat. Und das liegt auf gutem karibischem Durchschnittsniveau: Intakte Riffe, farbenprächtige Schwämme und Korallen, Schildkröten, Barrakudas und Rifffische, dazu Muränen und schöne Steilwände. All das macht Utila zwar nicht zu einem der herausragenden Tauchgebiete weltweit, gibt aber genügend her, um auch einen zweiwöchigen Aufenthalt spannend zu gestalten.

Gerade die der Küste vorgelagerten Unterwasserberge, wie zum Beispiel an dem Tauchplatz "Black Hills", oder atemberaubende Steilwände wie das "CJ's Drop off", lassen auch weitgereiste Taucher mit der Zunge schnalzen – vor allem dann, wenn sie unabhängig im Buddyteam tauchen. Denn geführte Tauchgänge mit Guide gehen nie tiefer als bis 30 Meter, da schwebt der Sicherheitsgedanke über allem: vielleicht der einzige Punkt, in dem Utila sehr amerikanisch ist.

Wenn man nach dem Tauchgang die an der Bucht liegende schmale Hauptstraße entlang schlendert, kommt man automatisch an allem vorbei, was den Flair Utilas ausmacht: Kleine hölzerne Bars wie das Tranquila oder das Driftwood Cafe, die aufs Meer hinaus gebaut wurden und in denen sich abends ein buntes Volk trifft, Bier aus Flaschen trinkt, der Musik lauscht und friedlich grinsend ein Zeug raucht, das sicher nicht von Marlboro hergestellt wurde.

Doch die ungewöhnlichste Location vor Ort ist das Treetanic – eine Bar, gebaut in die Bäume, deren Astgabeln mit Treppen und Hängebrücken verbunden sind. Hier verbringt auch Sharon ihre Abende, die tagsüber als Tauchlehrerin im Utila Dive Center arbeitet. "Vorher war ich auf den Philippinen, davor auf Hawaii und in Australien, aber nie hab ich an einem Ort so ein Flair erlebt wie hier auf Utila: Die Luft vibriert richtig, alle sind relaxt und freundlich und nach ein paar Tagen vergisst du völlig, dass es da draußen noch eine andere Welt gibt." Sie nimmt ein paar Schlucke aus der Bierpulle und erzählt weiter: "Ich weiß nicht, ob ich ewig hier leben könnte, wahrscheinlich eher nicht. Aber eines weiß ich: Meine Zeit auf Utila werde ich niemals vergessen!"

Am nächsten Tag hat der Wind etwas aufgefrischt, vor der Küste sieht man Wellen mit weißen Kronen. Bei solchen Bedingungen geht es zum Tauchen an die vorgelagerten Cays, hier finden sich immer geschützte Ankerplätze. Nach dem Abstieg vom Tauchboot fällt der Blick auf ein buntes Riffpanorama, nichts wirklich spektakuläres, aber einfach ein Gebiet, in dem man relaxte Spaziergänge durch "Oktopus' Garden" durchführen kann. Fotografen lieben diese Spots: Es geht selten tiefer als 20 Meter, man hat viel Zeit, sich den einzelnen Motiven zu widmen.




Unterwasserimpressionen aus Utila

Fast jeder Tauchgang führt zu Sichtungen von Schildkröten und großen Krebsen; unter manchem Vorsprung ragen die Antennen imposanter Lobster hervor. Schwämme in Orange, Mint und Gelb liefern die Hintergründe dafür. Und irgendwann fällt einem auf, dass sich die Coolness an Land auch auf die Tauchgänge auswirkt: Kein Stress mit Adrenalin, keine große Planung, einfach nur treiben lassen. Man treibt an den Riffen vorbei, durch die Bars und durch die Tage. Utila entschleunigt. Ganz gewaltig.



Video zum Thema:



Weitere Videos zur Region in unserer Unterwasser Videothek Utila / Honduras.