Wracktauchen auf Zypern. Zenobia - ein ruhender Gigant

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21.07.2014 16:39
Kategorie: Reise


Ihr Ruf ist legendär. Kenner zählen sie zu den zehn schönsten betauchbaren Wracks weltweit. Natürlich ist dies auch Ansichtssache. Tatsache ist jedoch, dass dieses Megawrack Taucher aus allen Kontinenten nach Zypern lockt. Wer an der Zenobia abtaucht, erlebt in jedem Fall Wracktauchen der Superlative. Aber Zypern ist nicht nur für Liebhaber von am Meeresgrund ruhenden Schiffen ein "Muss".

Bericht von Andreas Wackenrohr

Wer sich tagsüber im Landeanflug auf den Airport von Larnaka befindet, sollte unbedingt einen Blick aus dem Fenster riskieren. Denn kurz vor der Landung fliegen die Maschinen so tief, dass man mit etwas Glück einen Blick auf die Zenobia werfen kann. Glasklar hebt sich der riesige Schiffskörper vom tiefen Blau des Mittelmeeres ab. Ein guter Vorgeschmack auf das, was die Taucher hier erwartet.

Ruhender Gigant


Etwa Mittschiffs befindet sich oberhalb des Wracks der Festmacher für die Tauchboote. Von hier führen diverse Leinen mit Sicherheitsstoppeinrichtungen und eine dicke Ankerkette direkt hinunter zu dem Stahlkoloss. Schon beim Abtauchen im klaren Wasser sieht man, welch gewaltiger Schiffsrumpf hier ruht. Keines der beiden Schiffsenden ist auch nur im entferntesten zu erkennen.

Bei etwa 16 Metern ist die Steuerbordseite des schlafenden Riesen erreicht. Taucher wirken winzig vor dieser gewaltigen Kulisse aus überwuchertem und bewachsenem Altmetall. An vielen Stellen kann auf Grund der Schiffskonstruktion kein direktes Tageslicht mehr vordringen. Und je tiefer der Abstieg erfolgt, umso mystischer wird die Szenerie. Oft huscht ein aufgeschreckter kapitaler Zackenbarsch, der sonst im Wrack ein ruhiges Plätzchen hat, vor den Tauchern davon. Beachtlich ist mittlerweile der Fischreichtum an der Zenobia. Große Schwärme haben sich das bewachsene Altmetall als Bleibe auserkoren.

Für alle Schwierigkeitsstufen


Da es an der Zenobia so gut wie keine Strömung gibt, ist sie auch für Anfänger recht gut geeignet. Der obere Bereich kann gefahrlos erkundet werden. Neben dem riesigen Plateau der Steuerbordseite sorgen die Aufbauten, einige Rettungsboote, der riesige Anker und jede Menge Fisch für ausreichend Abwechselung.

Faszinierend ist immer wieder der Blick über die Reling hinab ins scheinbar endlose Blau. Dabei werden einem die riesigen Abmessungen des Wracks erst richtig bewusst. Auch ein Blick auf die gewaltigen Propellerblätter der Schiffsschraube ist in dem klaren Wasser für Anfänger kein Problem.

Etwas mehr Erfahrung sollte man mitbringen, wenn es um das Innere der Zenobia geht. Noch relativ einfach sind Brücke und die Kantine zu betauchen. Durch die großen, teilweise glaslosen Fenster könnte man diese Bereiche bei einem Problem relativ schnell verlassen. Durch die Seitenlage des Schiffes ist die Orientierung im Inneren allerdings etwas erschwert. Für Fotografen ist dieser Bereich ein Muss. Einfach die Kamera um 90 Grad drehen und schon ist für den Betrachter die Welt wieder im Lot. Wer die Technik von Mischlichtaufnahmen beherrscht, kann hier durch das einfallende Tageslicht mit einem Fisheye- oder extremen Weitwinkelobjektiv wunderschöne Aufnahmen machen. Ideal ist es den Tauchpartner zum Größenvergleich mit abzulichten. So werden die Ballsaal-ähnlichen Dimensionen ersichtlich.

Nur sehr erfahrene Taucher mit einer Zusatzausbildung sollten sich noch in die unteren Laderäume vorwagen. Hier findet man zwar die meisten LKWs, aber oft ist man extrem weit von der nächsten Ausstiegsmöglichkeit entfernt und das ohne oder mit ganz wenig Restlicht.




Wer trotzdem ein paar dieser LKW aus der Nähe anschauen möchte, kann dies im Heckbereich über dem Meeresgrund tun. Dort kann man sie gefahrlos erkunden. Das Einzige was hier stört, ist eventuell eine auf Grund der Tiefe zu kurze Nullzeit.

Nach fast 35 Jahren ist der Schiffkörper stark bewachsen und gut als Lebensraum integriert. Neben vielen Fischen sind auch eine Menge Niedere Tiere hier zu finden. Allerdings werden diesen Bewohnern verständlicher Weise nur wenige Taucher ihre Aufmerksamkeit schenken. Leider gibt es im östlichen Mittelmeer keine Gorgonien, denn mit diesen würde die Zenobia auf der Top Ten Liste der Wracks sicher noch ein paar Plätze aufrücken.




Wer die Zenobia wirklich kennenlernen möchte, sollte ein paar Tauchtage dafür einplanen. Man sollte nicht versuchen das gesamte Wrack in nur einem Tauchgang zu erkunden. Außer einem Streckenschwimmen kommt auf Grund der Schiffsabmessungen nicht viel dabei heraus. Am geschicktesten ist es, in Abhängigkeit des Erfahrungs- und Ausbildungslevels die zu besuchenden Bereiche genau festzulegen. Da die meisten Tauchboote hier "Doppeltauchgänge" anbieten, kann man jeden Tag ein ordentliches Stück der alten Fähre erkunden.


Weitere Informationen

Zypern ist die östlichste Insel im Mittelmeer und liegt, eingerahmt von Ägypten, Israel, Syrien sowie der Türkei an einer seit jeher strategisch günstigen Position als Tor zum mittleren Osten. Auf Zypern genießt man eine der längsten Tauchsaisons der Welt. Das Wasser entlang der Küste ist warm und klar, mit gleichmäßigen Gezeiten und Sichtweiten von bis zu 30-40 m.

Destinations-Infos Zypern
Fotoserien Zenobia
Fotoserien Zypern

Irgendwann kommt dann doch der letzte Tauchgang, bei dem man auf dem Sicherheitsstopp über dem riesigen Stahlkörper schwebt. Dann passiert es und eine gewisse Sehnsucht erwacht. Genau dieses Gefühl ist es, was viele Taucher zum Wiederholungstäter werden lässt.

Zypern Besucher sollten aber nicht nur an der Zenobia abtauchen. Neben einigen ganz in der Nähe befindlichen anderen Wracks, wie beispielsweise ein britisches Kanonenboot oder das Wrack eines Helikopters gibt es auf der Mittelmeerinsel noch viel mehr zu entdecken. Grotten, Höhlen und Schluchten bieten willkommene Abwechslungen.

Cluburlaub und Tauchen


"Wir fahren regelmäßig zahlreiche landschaftlich sehr reizvolle Tauchplätze an" verrät George, der die Tauchbasis der Werner Lau-Gruppe hier auf Zypern im Club Aldiana leitet. Die Clubanlage liegt nur wenige Autominuten vom Larnaka Airport Richtung Westen entfernt an einem herrlichen Sandstrand.



Die geschmackvoll gestaltete Anlage mit Wohlfühlcharakter gehört auch für Taucher zu den Topadressen auf Zypern. Neben dem Wracktauchen vor der Hafeneinfahrt von Larnaka bietet die Lau-Crew ein weiteres Highlight für Fischfans an: Ausflüge in der nördlichen, türkischen Teil der Insel. "Hier gibt es wirklich unglaublich viel Fisch und richtig kapitale Zackenbarsche zu entdecken" verspricht George. Aber das ist eine eigene Geschichte wert.

Die Zenobia in Zahlen

Das Wrack hat eine Länge von 172 Metern und ist maximal 25 Meter breit. Sie liegt in 43 Metern Tiefe auf ihrer Backbordseite auf dem Meeresgrund. Zwei riesige Schiffsschrauben sorgten für den nötigen Vortrieb der einstigen Fähre. Ihr Tiefenbereich beginnt bei etwa 26 Meter und endet bei zirka 40 Meter. Die 12.000 Br.Reg.Tonnen unterstreichen die Größe der Fähre. Der einstige Tiefgang wurde mit stattlichen 12 Meter angegeben.

Die kurze Geschichte der Zenobia

Die in Schweden gebaute und 1980 in Dienst gestellte Fähre erreichte auf ihrer Jungfernfahrt nicht einmal ihr Endziel, den syrischen Hafen Tartus, bevor sie versank. Mit zwei großen Klappluken wurde sie als so genannte RoRo-Fähre (Roll on - Roll of) gebaut. Die Ladung solcher Fähren sind meist Fahrzeuge aller Art (PKW, LKW, Züge), die durch eigenen Antrieb auf die Fähre fahren können. Die Ladung der Zenobia bestand aus über 100 LKW, die ihrerseits auch beladen waren. Auf ihrem Weg durchs Mittelmeer bemerkte der Kapitän bereits in Athen, dass die Fähre Probleme mit ihren Ausgleichstank hatte, und in eine leichte Schräglage geraten war. Solche Tanks dienen zum austarieren des Schiffes bei ungleichmäßiger Lastverteilung durch die Ladung. Ein Computer steuert dabei die gesamte Trimmanlage. Das für die Neigung verantwortliche Wasser wurde in diesem Fall einfach in den gegenüberliegenden Tank gepumpt.



Wie sich wenig später herausstellte, war dies ein fataler Fehler. Denn kurz vor dem Erreichen von Zypern war die Fähre nun ein zweites Mal in eine weitaus schlimmere Schieflage geraten. Wahrscheinlich ist dies auf einen Rechenfehler des Computers zurück zuführen. Jedenfalls scheiterten alle Bemühungen die Zenobia zu stabilisieren und am 8. Juni 1980 versank die Fähre vor der Hafeneinfahrt von Larnaka, ohne das Endziel der Jungfernfahrt in Syrien zu erreichen. Sie liegt nur etwa 15 Bootsminuten vom Hafen entfernt. Für Taucher ein echter Glücksfall, denn nach fast 35 Jahren präsentiert sich die einstige Fähre als ein überaus lohneswerter Tauchplatz und bietet vielen Meeresbewohnern eine ideale Unterkunft.


Für mehr Taucher...

...soll eine Veranstaltung des Fremdenverkehrsamtes von Zypern sorgen. Unter dem verheißungsvollen Namen "Zenobia Weeks" stand vom 23. bis 30. Juni erstmalig in Larnaka alles im Zeichen des Tauchsports.

Neben einem Unterwasserfotowettbewerb und einem ApnoeContest direkt am Wrack, konnten Interessierte auch einige kraftvolle Unterwasserscooter testen. Ein hervorragende Möglichkeit, das große Wrack in nur einem Tauchgang zu erleben. An interessanten Informationen und Vorträgen für Taucher mangelte es ebenfalls nicht.

In Larnakas historischem Museum fanden einige sehr informative Seminare und Veranstaltungen statt. Besondere Beachtung bot dabei ein Seminar zur zukünftigen Entwicklung des Tauchtourismus im griechischen Teil der Insel.

Am Beispiel der Zenobia und einiger anderer in der Nähe liegenden Wracks referierten Experten unterschiedlicher Fachrichtungen über die biologische Entwicklung und die damit im Zusammenhang stehende Artenvielfalt an diesen "künstlichen" Lebensräumen. Dabei wurde deutlich welchen Stellenwert der Meeresschutz mittlerweile für die Fachleute und die verantwortlichen Stellen auf der Insel hat! So werden beispielsweise auch die schädlichen Einflüsse durch zu viele Taucher an den Wracks untersucht; daraus sollen umweltgerechte Konzepte entwickelt werden.

Noch zu erschließende weitere Schutzgebiete und einige künstliche neue Wracks, werden die Attraktivität der Insel für Taucher noch weiter steigern. Auch Veranstaltungen wie diese sollen zukünftig noch mehr Taucher auf die Insel locken. Geplant ist für 2015 in jedem Fall eine Wiederholung der gelungenen Erstveranstaltung "Zenobia Weeks"; einer "Wrack-Woche" die für alle interessierten Altmetallfans und Liebhaber mediterranen Tauchens ein empfehlenswertes Event darstellt.

Video zum Thema:

 


Das Video zeigt das eindrucksvolle Wrack der Zenobia mit guten Einstellungen der besten Tauchplätze. Weitere Videos zur Zenobia gibt es in unserer Videothek (Zenobia, Larnaka).