Zander. Der Hecht unter den Barschen

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20.07.2014 16:38
Kategorie: Biologie


Er ist der größte Jäger aus der Familie der heimischen Barsche. Schaut man richtig hin, so ist seine Verwandtschaft mit den dicklichen Flussbarschen nicht zu übersehen. Auch dem Hecht sieht er nicht ganz unähnlich. Doch die beiden sind von Natur aus kaum Konkurrenten.

Bericht von Harald Mathä

Some like it murky


Wer liebt trübes Wasser und lebt darin so richtig auf? Ich meine so richtig trübes Wasser vom Typ Tauchcomputer ablesen praktisch unmöglich! So trübe Suppen wie der Plattensee in Ungarn oder der Neusiedlersee in Österreich. Warm und mit Schlamm bis über die Waden.

Oder langsam fließend und ebenso trüb wie in den Stauräumen und Unterläufen der großen europäischen Ströme. Erraten: Die Rede ist vom größten der heimischen Barsche: dem Zander. Und weil er trübes Wasser so gerne mag, jagt er auch gerne im Brackwasser der Ostsee.

Keine Konkurrenz mit dem Hecht


Hechte visieren ihre Beute in erster Linie mit den Augen an. Dazu lauern sie in ihrem Unterstand und schießen dann von einem mächtigen Schlag ihrer muskelbepackten Schwanzflosse angetrieben auf das Opfer zu. Dazu braucht man gute Sicht, um erfolgreich zu sein.

In trübem Wasser würde diese Taktik zu ausgeschlagenen Zähnen, gebrochenen Schnauzen und vielen Beulen führen. Daher jagen Zander anders. Sie spüren ihre Beute durch Unterschiede im Wasserdruck, der durch Bewegungen im Wasser rührt, auf. Auch spielen elektromagnetische Felder durch Muskelbewegungen und Gerüche eine Rolle. So nähert sich der Barsch langsam seiner Beute, bevor er zuschlägt. In seinem Maul sitzen katzenähnliche Zähne, auch Hundszähne genannt ;-) Egal wo von diesen mächtigen Hauern gepackt - die Beute hat kaum eine Chance mehr zu entkommen.

Doch nicht nur die unterschiedlichen Vorlieben bezüglich der Klarheit sind es, das Hecht und Zander kaum zu echten Konkurrenten werden: Während der Hecht ein echtes Großmaul ist und alles schnappt, was halbwegs durch den Schlund in den Magen passen könnte, besitzt der Zander ein relativ kleines Mäulchen und ist bei der Wahl der Beute wählerischer. Er will sich den Magen nicht verderben und schnappt eher kleinere Fischchen, die ihm dann wegen zu voller "Wampe" keine schlaflosen Nächte bereiten. Aber das ist noch nicht alles: Hechte pirschen am liebsten aus ihren Unterständen heraus. Zander hingegen jagen ungetarnt im Freiwasser und über Grund.



Zander (Schill, Fogosch, Hechtbarsch)


Familie: Echte Barsche (Percidae)
Englisch: Pikeperch
Lat: Sander lucioperca
Größe: meist 40-60 cm, maximal 120 cm
Aussehen: Torpedoähnliche Form, zwei markante Rückenflossen - erstere mit Stachelstrahlen
Lebensraum: in Seen, Flüssen und Brackwasser. Gerne auch trüb!
Verbreitung: Europa und Westasien
Verwechslungsmöglichkeit: Wolgazander, Flussbarsch, Kaulbarsch



Sex!


Ein weiterer Grund warum sich Hecht und Zander von Natur aus kaum in die Quere kommen ist ihr Laichgebiet. Während Hechte vom Frühjahrshochwasser überflutete Wiesen und Augebiete "geil" finden um darauf Sex zu haben, bevorzugen Herr und Frau Zander die härtere Gangart. Kein Blümchensex auf weichen Wiesen - hart und rau muss es sein, damit die beiden in Fahrt kommen (ich denke, einer der nächsten Titel von Rammstein sollte "Zander" sein, jawohl!!!). Das Weibchen (Laichner) gibt dabei ihre Eier in ein vom Männchen liebevoll vorbereitetes Nest am Grund ab. Das Männchen (Milchner) befruchtet diese. Während das Weibchen sich aus dem Staub macht und wohl mit ihren Freundinnen shoppen geht, bleibt das Männchen ans Bett gefesselt und bewacht die Brut bis zum Ausschlüpfen. Nach einer Woche ist der Nachwuchs flügge und verlässt das Elternhaus. Das erste Jahr ernähren sich die Jungzander von Zooplankton, danach jagen sie schon kleine Fische.




Grantige Zander


Durch künstlichen Besatz kommen Zander beispielsweise, aber nicht freiwillig, auch in Tiroler Alpen wie dem Blindsee vor. Am liebsten würden sie ja von dort wegziehen, weil das Wasser viel zu klar und die Sonne für ihre Augen viel zu gleißend ist. Sie träumen von trüben Tümpeln oder Talsperren in Hessen oder NRW, können aber nicht umziehen. Und so werden sie mit der Zeit immer grantiger, speziell wenn das Männchen das Nest bewachen muss und so nicht mit den Spezi am Sonntag zum Stammtisch kann. Dann wird dann eben ein Taucher attackiert. Das soll im Frühjahr schon mal passieren, erzählt man dann gerne am Taucherstammtisch zuhause in Hessen oder NRW.

Wirtschaftliches & Kulinarisches


Der Zander gehört zu den besten Speisefischen bei uns. Sein weißes, festes grätenarmes Fleisch ist hochgeschätzt. Das ist ein Vorteil und gleichzeitig zum Nachteil für den Fisch. Wäre er nicht so lecker, so würde ihm kaum ein Mensch nachjagen. Andererseits würde er nicht so umhegt und gepflegt und auch nicht in Regionen gebracht, in die er sich freiwillig nie verbreiten würde, weil sie völlig gegen sein Vorliebe für trübe, warme Gewässer sind - klare, kalte Alpenseen in Tirol oder Bayern, beispielsweise. Ohne den Besatz durch Angler wäre er vielleicht sogar schon ausgestorben.




Fazit


Zander gehören zu den eher seltenen, aber doch sehr markanten Raubfischen in unseren Gewässern. Durch völlig unterschiedliche Jagdtaktiken, Vorlieben an Futter und Laichgrund sowie Gewässerbeschaffenheit kommen sich Hecht und Zander von Natur aus kaum ins Gehege. Es sei denn der Mensch pfuscht durch unüberlegte Besatzmaßnahmen wieder einmal drein. Und: Zander schmecken sehr, sehr lecker!


Video zum Thema:



Ein Unterwasservideo aus der Wuppertalsperre: auf Stöberrunde zwischen ´Rohrbrücke´, ´Viadukt´ und ´Wehr´ mit schöner Zanderbegegnung zum Abschluss (ab ca. 6:43 min).