Tauchmedizin ist ein sehr interessantes Thema. Über alles rund ums Thema Gesundheit und Tauchen kann hier ausgiebigst diskutiert und geschnackt werden. Sehr kompetente Antworten sind garantiert - denn viele Mediziner besuchen dieses Forum.

Atemgasverbrauch

Durch meine Tauchausbildung habe ich einiges über das Verhalten des Menschlichen Körpers beim tauchen erfahren und bisher auch selbst beim Tauchen bestätigt vorgefunden.
Aber eine Sache ist für mich nicht logisch, vielleicht kann mir dies einer erklären:
Ein Bergsteiger auf hohen Bergen klagt über Kurzatmigkeit, klar der Luftdruck ist geringer und dies muss durch mehr-Atmung ausgeglichen werden.
Aber warum ist beim Taucher, sagen wir auf 10m, dies nicht genau andersherum. Er nimmt pro Atemzug ja das doppelte an Sauerstoff auf, also könnte er doch doppelt solange davon "leben". Auch das ausgeatmete CO2 kann es nicht sein, denn vom Anteil her wird ja (bei gleicher Körperverbrennung) nur Volumenateilmäßig die Hälfte in der Lunge angereichert (wie an der Oberfläche).
Wenn mir einer da - wissenschaftlich - den Zusammenhang erklären kann, würde ich mich freuen.
AntwortAbonnieren
Steffen25Adv.TX
31.08.2014 19:08
Hallo Anton,
deine erste Annahme ist korrekt - der Bergsteiger auf 5000m atmet zwar immer noch Luft mit 21% Sauerstoff, aber bei ~ halbem Umgebungsdruck. Folglich braucht er also das doppelte Atemvolumen, um die gleiche Anzahl an O2 Molekülen zu erhaschen ... Du auf 10 Meter Tiefe hast mit Luft einen Sauerstoffpartialdruck von 0.42 bar, würdest somit also auch mit der Hälfte auskommen. Das funktioniert auch beim Tauchen - sprich ein technisches Atemgas 10/70 (10% O2 / 70% He) würde an der Oberfläche nach 2 Minuten zur Ohnmacht führen - auf 10 Meter kannst Du es atmen.
Was Du erwartest, ist doppelt so lange die Luft anhalten zu können / nur jeden zweiten Atemzug zu benötigen.
Erstmal ist dein Sauerstoffverbrauch unabhängig von der Tiefe und somit auch die Menge CO2, die Du durch die Verstoffwechslung erzeugst ( mal ~ 1l O2/Min bei normalem Körperbau und geringer Belastung). Der Atemreiz bleibt tiefenunabhängig. Deine eigene `Sensorik` spricht auf den Partialdruck des CO2 an. Maximal wird der Atemreiz in der Tiefe durch das narkotische Potential von N2 und O2 gedämpft.
Deine Fähigkeit O2 im Blut zu transportieren bleibt aber ebenfalls gleich. Als gesunder Mensch ist deine O2 Sättigung bereits unter Normaldruck nahe 100% - sprich Du hast gar nicht mehr Hämoglobin um noch mehr Sauerstoff zu binden. Umgekehrt würde natürlich auf 10 Meter ein Lungenflügel ausreichen, um Dich adäquat zu versorgen (TTU wird schwierig ...). 
Wir sind dann beim Thema Druckkammer und Überdrucktherapie bei Rauchgasopfern, sprich CO Vergiftung.
31.08.2014 19:39
Hallo Steffen,
vielen Dank für diene Erläuterung.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, könnte ich in 10m mit 10% O2 in meiner Flasche auskommen, und dabei sozusagen normal atmen.
Wenn aber der CO2 Partialdruck zum Atemreiz führt, müsste doch dieser beim Bergsteiger in großer Höhe auch gedämpft sein?
Und was ich immer noch nicht verstehe, in meiner Ausatemluft sind auf 10m Tiefe doppelt soviele Gasteilchen enthalten als an der Oberfläche. Also müsste mein Körper das CO2 doch viel leichter (mehr Unterschied) abgeben können.
Steffen25Adv.TX
01.09.2014 06:53
Warum gedämpft? Der geminderte Umgebungsdruck wirkt gleichermaßen auf alle beteiligten Gase. Das Verhältnis aller Partialdrücke bleibt gleich, nur der Gesamtdruck ist halbiert. Ohne Belastung atmet der Bergsteiger auf 5000 m genauso wie auf Meeresspiegelhöhe. Nur `unter Last` braucht er jetzt doppelt so viele Atemzüge / Zeit, um die gleiche Menge O2 zu metabolisieren. Er ist halt `kurzatmig`. Dabei ist natürlich `ohne Last` eine theoretische Annahme. Du musst schon Energie verbrennen um vermehrt Körperwärme zu erzeugen, der Höhenunterschied im Aufstieg ist zu überwinden und im knietiefen Schnee ist schon lange nix mehr mit 1 l O2 / Minute.
01.09.2014 20:01
Ich versuchs mal so zu erklären ..... dein Körper verbraucht von den 21%O2 die du einatmest gerade mal 4% raus und verwandelt die in CO2 ...... egal ob du ihm 100% o2 oder nur 21%o2 zur verfügung stellst ...... dies gilt aber nur an der Oberfläche und nicht unter Wasser ...... da gehts um den Partialdruck in der Lunge ....Referenzbereich ( Erwachsene): 83-108 mmHg (11,1-14,4 kPa); der Referenzbereich für Erwachsene nimmt jedoch mit dem Alter ab.
02.09.2014 23:24
Der grund warum bei 5000m Hoehe Kurzatmigkeit vorherrscht hat zum einem mit dem O2 Partial druck zu tun als auch mit der Art und Weise wie der Koerper O2 ueber das Blut transportiert. O2 wird im wesentlichen in gebundener Form transportiert. Andere Gase warden in geloester Form transportiert. Fuer die bindung ist der rote Blutkoerperchenstoff Haemoglobin zustaendig. Das im Koerper vorhandene Haemoglobin bestimmt, mit wieviel O2 das Blut maximal geladen werden kann.
Bei 5000m Hoehe reicht der O2 Partialdruck nicht mehr aus um das Haemoglobin vollstaendig zu saettigen, die O2 Saettigung in dieser Hoehe ist nur noch etwa 76%. Dieser Sauerstoffmangel fuert zur Atemnot bei den meisten Menschen auch ohne koerperliche Belastung. Dem kann kurzfristing damit begeget warden indem man O2 atmet oder sich in eine tiefere Region begibt. Der Aufenthalt ohne Akklimatisierung in einer solchen Hoehe kann zur lebensgefaerlichen Hoehenkrankheit mit Lungenoedem oder Gehirnoedem fuehren. Die Akklimatisierung finded ueblicherweise in einer Hoehe von 2000-3000m statt und erfordert einen Aufenthalt in dieser Hoehe von etwa 2-3 wochen, befor die naechste Hoenstufe (5000m) angegangen werden kann. In der Akklimatisationszeit bildet der Koerper vermehrt Haemoglobin, um mehr O2 pro ml Blut binden zu koennen. Dies kann man mit dem Haematokrit messen. Nur durch wochen- und monatelange Akklimatisation ist es moeglich einen 8000er auch ohne zusaetzlichen O2 zu besteigen. Es wird aber immer risikoreich sein und eine Garantie der Hoehenkrankheit so zu entkommen gibt es nicht.
Beim Tauchen sieht die Sache so aus: Das Blut ist bereits an der Oberflaeche zu 100% mit O2 gesaettigt, kann also ueberhaupt nicht mehr O2 aufnehmen oder transportieren, selbst wenn der absolute O2 Partialdruck sich verdoppelt. Umgekehrt kann dies beim Tauchen sinnvoll sein, indem man den eingeatmeten O2 Partialdruck dem O2 Partialdruck der Meeresoberflaeche imitiert und damit O2 `spart`. Das wird beim Technischen Tauchen mit `re-breathern`ausgenutzt. Das funktioniert allerdings beim Tauchen mit Pressluft nicht. Der O2 Ueberschuss im O2 Partialdruck fuehrt zwar zu einer erhoehten Loesung von O2 im Blut, der geloeste O2 ist jedoch physiologisch fuer den Koerper nicht verwertbar, sondern nur der O2, der an Haemoglobin gebunden mit dem Blut transportiert wird. Mit anderen Worten, der O2 Ueberschuss wird einfach wieder abgeatmet und macht schoene Blasen im Wasser.
Scapegoatkann schwimmen ;-)
03.09.2014 09:39
AntonWert:

Der Atemreiz wird ganz einfach nicht vom ppO2 im Blut ausgelöst, sondern vom ppCO2 (pp=Partialdruck).
Durch das Tauchen erhöhst du erstmal den ppO2 drastisch. Um den Sauerstoff aber komplett verbrauchen zu können (das tust du ja auch an der Oberfläche nicht!!!), müsstest du das entstehende CO2 aber aus dem Blut entfernen. Und dazu muss das CO2 in die Lunge diffundieren. Nun ist es aber so, dass das Gas in der Lunge nur einen leicht geringeren ppCO2 hat als das Blut (du tauschst bei jedem Atemzug nur einen kleinen Teil des Gases in der Lunge aus), daher kann nicht so viel CO2 abgegeben werden wie Sauerstoff zur Verfügung steht (Stichwort Fick`sches Gesetz, Diffusion). Und daher wird der Sauerstoff einfach wieder abgeatmet.
Wenn dich das ganze tiefer interessiert:
http://www.amazon.de/Ehm-sicherer-Tauchmedizin-Freizeittaucher-Berufstaucher/dp/3613506750

Alex
Antwort