Tauchmedizin ist ein sehr interessantes Thema. Über alles rund ums Thema Gesundheit und Tauchen kann hier ausgiebigst diskutiert und geschnackt werden. Sehr kompetente Antworten sind garantiert - denn viele Mediziner besuchen dieses Forum.

Hyperbare Wirkung von Medikamenten? Wo gibt es Infos/Übersichten?

Wie kann man denn eigentlich herausfinden, ob es bei einem Medikament
irgendwelche Probleme beim Überdruckeinsatz (=beim Tauchen) gibt?
Gibt es da Übersichten/Verzeichnisse wo man das (möglichst im Netz)
nachschauen kann?
Oder ist das Gebiet noch so unerforscht, so dass man nur mit Glück bei einem
Hyperbarmediziner eventuell eine Info oder Abschätzung bekommt (Der allerdings
die Infos auch irgendwo herbekommen muss...)?

Konkret hat mich ein Tauchkamerad nach folgenden Medikamenten gefragt:
Metoprololsuccinat -> Betablocker
Simvastatin -> Statin / Cholesterinsenker
Ramilich -> ACE Hemmer /Blutdrucksenker
Eperenon -> Aldosteronblocker /Blutdrucksenker
Efient (Wirkstoff: Prasugrel) -> Thrombozytenaggregationshemmer
Aspirin (Wirkstoff: Acetylsalizylsäure)
->Thrombozytenaggregationshemmer

Fachleute sehen an der Zusammenstellung, dass es sich um eine KHK
(koronare Herzkrankheit / Herzinfarkt) handelt.
Dem Patienten ist bekannt, dass nach einer KHK mindestens eine 1/2 bis
1 Jahr Tauchpause angesagt ist, aber interessant wäre schon bei gutem
Verlauf (z.B. Belastungs EKG > 150-200Watt) ob die Medikamente an sich
schon ein hyperbares Problem sind.
Und Blutdrucksenker alleine kommen bei einem nicht unerheblichenTeil
der (älteren) Bevölkerung zum Einsatz.

MS
AntwortAbonnieren
27.02.2015 16:50
entschuldigung, Rechtschreibfehler bei einem Medikament:

Ep_l_erenon -> Aldosteronblocker /Blutdrucksenker
Gelbe MaskeMaske hilft!
Abz. "Für gutes Wissen" (Gold)
27.02.2015 17:18
Abgesehen von allgemeinen Risiken (erhöhtes Blutdruckgefälle beim tauchen, insbesondere in aufrechter Haltung) und meiner Unkenntnis aller sonstigen Medikamente würde ich Aspirin als Problem ausschließen. Das macht der Eine oder Andere auch vorbeugend beim Tauchen (was sicher unsinnig ist), Probleme sind da aber nicht bekannt.
27.02.2015 17:46
@ Gelbe Maske
Zustimmung beim Aspirin, insbesondere da hier das Aspirein mit 100mg um einen Faktor 10 niedriger dosiert wird als beim normalen Kopfschmerzpatient oder dem Tauch User (meist 500-1000mg Tabletten).
ein merklicher Effekt ist auch meines Wissens nach noch nicht beobachtet worden: etwas zu machen was nichts bringt kann man als unsinnig bezeichnen d.h. einhyprbaresRisiko seher ich bei Aspirin auch nicht.

Vom Schwimmen wird bei Herzpatienten gerne abgeraten. Im aktuellen heft "Sport alsTherapie" von der TK Krankenveresicherung heißt es:
"Patienten mit Herzerkrankungen sollten besser eine andere Sportart alsSchwimmen wählen. ... Qußerdembelastet derWasserdruck am ganzen Körper das Herz stärker,. weil mehr Blut von der Peripherie ins Herz zurückströmt"

Warum aber das Blutdruckgefälle beim Tauchen größer sein soll erschließt sich mir nicht.

Durch den hydrostatischen Gegendruck in der Wassersäule müsste die Druckdifferenz zwischen verschiedenen Teilen des Körpers bei Immersion doch eher geringer sein.
Ok, bei Immersion verschiebt sich Blut von den Beinarterin hin in den Körperkern (=Volumenbelastung des Herzens), aber genau das passiert auch beim Liegen an Land.
ich habe noch nicht gehört das Herzpatienten im Stehen schlafen...

27.02.2015 20:30
Lies mal hier, dann brauche ich es nicht zu wiederholen http://www.taucher.net/forum/Tauchtaugliche_Blutdruckmedikamente__medi3273.html
Häufig sind es bei KHK und Hypertonie dieselben Medikamente.
Allgemein ist beim Tauchen wohl weniger die Druckwirkung auf die Pharmakologie bekannt, als vielmehr die Einschränkung von Reaktion, Denkfähigkeit und Psyche, was U.W. ja sowieso problematischer ist, als an Land und
zur N2-Narkose dazu kommt.
Aspirin ist nicht so empfehlenswert, da bei einer DCS die Gerinnungshemmung zur stärkeren Blutung und Heilungsverzögerung führt -wobei aber Aspirin, wenn es nötig ist, halt in Kauf zu nehmen ist.

Der steigende Blutdruck beim Tauchreflex und der stärkere venöse Rückstrom beim Schwimmen und Abtauchen belastet die Pumpe, so dass bei schlechter Herzfunktion Schwimmen problematisch werden kann - da kann man aber sowieso nicht ans Tauchen denken.
28.02.2015 17:11
@kwolf

Danke fürdein Ausführungen.
Ja, KHK und Hypertonie verwenden ähnliche Medikamente, wobei bei der KHK noch die Thrombozytenaggregaritionshemmer hinzukommen.
Interessnat ist, in wie fern es zu Änderungen der Medikamentenwirkung unter Druck kommt und wo das eventuell irgendwo dokumentiert ist. Wenn Rampiril unproblematisch ist ist das ja schonmaleine Info.
Aber gibt es irgendwo eine Übersicht über überdruckkritische und weniger überdruckkritische Medikamente?

Der Steigende Blutdruck/sinkende Pulsfrequenz beim Tauchreflex ist doch bei den allermeisten (mich eingeschlossen) gering bis fast nicht messbar. Ich gehe mal von einigermassen normalen Wassertemperaturen aus die den Körper nicht zusätzlich thermisch erheblich belasten (vermutlich werden wenige Herzpatienten in Badehose beim Eisbaden teilnehmen...).
Dadurch das Betablocker zusätzlich zum Tauchreflex die Pulsfrequenz absenken, wird glaube ich ein Badeverbot begründet. Bei dem geringen Einfluss des (Warmwasser-) tauchreflexes beiden meisten Menschen halte ich das für übertrieben. Um die Kritikalität abzuschätzen könnte man während des Betretens des Wassers den Pulskontrollieren und bei starker Pulsänderung (bequem durchführbar mit einem an den Finger angeklemmten Pulsoymeter z.B.:
http://www.ebay.de/itm/SPO2-Fingerpulsoximeter-OLED-Oximeter-Oxymeter-Pulsoxymeter-Pulsoximeter-EKG-/261680551096?pt=Blutdruckmessgeräte&hash=item3ced6054b8
)
auf eine weiteren Aufenthalt im Wasser verzichten

Den etwas stärkeren venösen Rückstrom hat man nicht nur im Wasser sondern auch im liegen. Ich habe noch keinen Patienten gesehen der deshalb im Stehen schläft.
Den Wasseraufenthalt an sich zu verteufeln (falls die Einschränkungen/Leistungsverlust durch die KHK nicht zu extrem ist) halte ich für physiologisch unsinnig.
Was sicher Sinn macht, ist
Immersion UND Anstrengendes Schwimmen GLEICHZEITIG zu vermeiden!

Beim Taucher kämen noch Probleme durch hohe Atemarbeit (durch hohe Atemgasdichte (z.B. durch große Tiefe) und/oder schlechte Regler)
hinzu die vermieden werden sollten.
28.02.2015 17:20
Thema Tauchreflex:

vielleicht dazu noch interessant:

Heek Dissertation über Tauchreflex:
http://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-10493/Druckversion.pdf

im Netz gefundene Präsentation zum Thema:
http://www.tauchen-medizin.de/uploads/media/3._Verkannter_Tauchreflex.pdf

28.02.2015 17:29
... vielleicht auch noch interessant:

Witten Dissertation über Blutdruck und tauchen:
http://www.sportmedizin.uni-goettingen.de/downloads/dissertationen/fwitten.pdf
01.03.2015 09:14
Danke für die Links.
Quantitativ kann ich zu den Effekten und Wirkungen wenig sagen. Für Gesunde spielen die hämodynamischen Veränderungen beim Tauchen keine Rolle. Bei Hypertonikern und KHK-Patienten solange nicht, wie sie keine Organschäden, Blutdruck unter den Grenzwerten oder wiederhergestellte Koronardurchblutung haben. Eine rein medikamentöse Behandlung der KHK reicht da sicher nicht aus, außer es geht nur um Prophylaxe (z.B. Aspirin).
Ich glaube nicht, dass es eine systematische Auflistung der Medikamentenwirkungen unter Druck gibt. Da wäre man auf unrepräsentative Einzelbeobachtungen angewiesen. Schon die normalen Wirkungen zu erfassen, erfordert ja aufwändige Studien. So jemand etwas kennt, wäre ich auch daran interessiert.
01.03.2015 09:17
Ach ja, sicher hat Dr. Claus Martin Muth den bestmöglichen Überblick dazu. Den würde ich mal direkt anschreiben.
Antwort