Regisseur Kentis sagt zwar, dass sein Film "auf echten Ereignissen basiert", bzw. dass er von Reportagen über verlorene Taucher in Tauchmagazinen inspiriert wurde, doch scheint sonnenklar, dass er sich den FALL LONERGAN zum Vorbild genommen hat.
Hier also die `wahre` Geschichte, bzw. wie ich sie aus dem Internet zusammengesetzt habe.
Tom und Eileen Lonergan, 34 und 29 Jahre alt, waren amerikanische Rucksack-Touristen in Nordaustralien, die vor über 6 Jahren am Großen Barriereriff verschwanden.
Das Jahr vor ihrem Australien-Urlaub hatten beide auf den Fijis verbracht und davor für zwei Jahre als Lehrer für das Friedenskorps im pazifischen Inselstaat Tuvalu unterrichtet. Das Paar wird von Bekannten und Verwandten als still und introvertiert beschrieben. Nach dem Australien-Trip wollen die zwei noch Indonesien und Paris besuchen und dann wieder heim in die Staaten reisen.
In Cairns / Nord-Queensland angekommen, setzen sie sich in den Bus nach Port Douglas. Dort buchen die beiden erfahrenen Taucher einen Ausflug auf einem 26-Mann-Boot, der OUTER EDGE ans Außenriff: drei Tauchgänge für 160 australische Dollar, 38 Meilen vom Festland entfernt.
Am nächsten Tag, es ist der 25. Januar 1998, ein Sonntag, fährt die die Outer Edge voll besetzt los. Auf ihrem dritten Tauchgang am ‚St. Crispin Reef’, an einem Platz namens ‚Fish City’, tauchen die zwei sicher und flach auf 12m. Ein Mit-Taucher an Bord sagt später aus, er habe gehört, wie sie der Tauchlehrerin gegenüber gemeldet haben, dass sie ohne die Gruppe eigenverantwortlich tauchen wollten. Es ist 3 Uhr nachmittags. Als sie eine Stunde später auftauchen, ist ihr Schiff verschwunden.
Wohin die zwei auch sehen: Wasser. Eventuell erkennen sie in der Ferne, in drei Kilometer Entfernung, Boote, die von einem anderen Tauchplatz unterwegs nach Hause sind, aber der Weg dorthin führt gegen die Strömung.
In der Zwischenzeit hat immer noch niemand an Bord ihr Fehlen bemerkt – und viel Zeit soll vergehen bis es endlich soweit ist. Der Skipper der OUTER EDGE, Jack Nairn, sagt später aus, dass er - wie immer – seinen Diveguide angewiesen hatte, die Taucher zu zählen, aber dass es offensichtlich Verwirrung gegeben hätte, als zwei Taucher, während die anderen schon länger im Wasser waren, von Bord gegangen waren.
Auf jeden Fall bemerkt niemand, auch nicht später im Hafen, dass zwei Tauchflaschen und Bleigurte abgehen. Auch zwei Paar offensichtlich vergessene Schuhe erregen keinen Verdacht bei Crew oder Skipper. Ein Busfahrer, der im Hafen vergeblich auf die Lonergans wartet, geht unverrichteter Dinge auf Fahrt.
Einen Tag später fährt die OUTER EDGE mit neuen Tauchern erneut an den gleichen Tauchplatz. `Business as usual` – bis auf die Tatsache, dass ein Taucher 6 Blei-Stücke im Sand findet! Die Mannschaft der Outer Edge bekommt das zwar mit, ahnt immer noch nichts von ihrem fatalen Fehler 24 Stunden zuvor.
Erst einen weiteren Tag später entdeckt Skipper Nairn an Bord seines Schiffes den Beutel mit den Pässen und Tauchunterlagen der Lonergans, mit trockenen Sachen und Toms Brille.
Nairn leitet fieberhaft eine Suchaktion ein, die am nächsten Tag mit insgesamt 17 Flugzeugen, Helicoptern und Booten beginnt.
Aber zu diesem Zeitpunkt sind Tom und Eileen wahrscheinlich bereits tot. Einige Monate später findet ein Fischer 100 Meilen nördlich des Tauchplatzes einer Taucherschreibtafel. Vermutlich Tom kritzelte darauf am Morgen nach einer Nacht auf See, wo und wann genau sie verlassen wurden. Und „Rettet uns, bevor wir sterben! Hilfe!!!"
Ein Neoprenanzug von Eileens Größe wird Anfang Februar angespült. Wissenschaftler untersuchen das Wachstum der Seepocken auf dem Reißverschluss und schätzen, dass er seit dem 26. Januar im Wasser war. Risse im Material um Gesäß und Achsel waren anscheinend durch Korallen verursacht worden. Die Jackets der Lonergans, mit Toms und Eileens Namen gekennzeichnet, werden ebenfalls später angespült gefunden. Die Flaschen mit Restluft und Regler sind noch montiert. Keines der Gegenstände, auch nicht eine von Eileens Flossen, die am Ufer gefunden wurde, zeigte ein Zeichen einer Beschädigung, die vermuten lassen könnte, das einer oder beide Opfer eines Haifangriffs geworden, auch wenn das im Falle von Eileen aufgrund des beschädigten Anzugs behauptet wurde.
Experten, die an der Untersuchung des Falles beteiligt waren, spekulierten vielmehr, dass die zwei, hilflos in der Strömung treibend und in der Hitze der Sommersonne dehydrierten und ins Delirium gekommen waren. So hätten sie am Ende geistig verwirrt, oder vielleicht weil sie Land und Rettung nah wähnten, aus freien Stücken ihre Schwimmhilfen verlassen.
Auf jeden Fall brodelte die Gerüchteküche, als in Toms Tagebuch tief-melancholische Passagen gefunden wurden. Sie sollten Indiz für einen Selbstmord der beiden sein oder sogar einen Mord von Tom an seiner Frau plus anschließenden Selbstmord plausibel machen. Auch dass beide ihr Verschwinden nur vorgetäuscht hätten, wurde spekuliert. Prompt wurden die Lonergans in Australien ‚gesehen’.
All diese Meldungen ‚halfen’ Skipper Jack Nairn, der in der Zwischenzeit wegen Totschlags angeklagt worden war. Tatsächlich - zum Entsetzen der Eltern der Lonergans - wurde er von der Jury freigesprochen. Die Tauch- und Touristikindustie atmete auf.
Der Diveguide dagegen, der seinen Taucherlog-Job mit fatalen Folgen verbockt hatte, wurde zu 27.000 Dollar Geldbuße verurteilt.
Skipper Jack Nairn ging auch ohne Strafe pleite.
Als 2002 in Queensland 59 Tauchshops von der Regierung auf Sicherheitsmängel überprüft wurden, gab es insgesamt nicht weniger 76 Hinweise auf fehlerhafte Taucher-Zählungen, Taucherlogs und Fehlverhalten der Bootscrew bei der Suche nach vermissten Tauchern.
Und Regisseur Kentis hat die Eltern und Verwandten der Lonergans nie informiert, dass er ‚Open Water’ drehen wollte.
Das sollte die Diskussion doch etwas anheizen.
BIO-Uli
BIONAUT
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