Hier gibt es zu allen Fragen "Marke Süßwasser- und Meeresbiologie" kompetente Antworten - vom UBO (unbekannten Bestimmungsobjekt) im See bis zu Verhaltensregeln bei Haibegegnungen.

UBO Rotes Meer: Blase auf Sand

Gesichtet im Roten Meer, Soma Bay, auf Sandboden angewachsen, häufig, die meisten Blasen waren aber zerplatzt. Worum könnte es sich hier handeln?


Viele Grüße
Klaus
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Jens HartmannPADI MSDT, Biologe
28.04.2011 18:53
Das ist die Schleimabsonderung eines im Sand bzw. Schlick lebenden Röhrenwurms.
28.04.2011 21:11
Danke, das wird auch nicht jeder wissen.
01.05.2011 15:17
Mir kommen Zweifel an der Antwort, da es im Net keinerlei Belege dafür gibt. Wo kann man evtl. etwas nachlesen? Die "Eier" sahen eher wie mit Luft gefüllt aus, bewegten sich auch leicht in den Wellen wie luftgefüllte Blasen. Die geplatzten Exemplare in der Umgebung zeigten dünne Häutchen. Irgend wie passt die Antwort nicht zum Objekt. Gibt es eine andere Erklärung?
Jens HartmannPADI MSDT, Biologe
01.05.2011 17:55
Die Schleimhülle ist so dünn, dass sie mit jeder auch noch so geringen Wasserbewegung mitschwingt. Und es ist definitiv keine Luft drinnen, sondern Wasser. Wenn Du mit der Hand eine leichte Strömung erzeugst, reisst sie vom Boden ab und Du siehst darunter ein Loch im Sand/Schlick. Fast alle im Sand oder Schlick lebenden Polychaeten kleiden ihre Wohnröhre mit Schleim aus, damit sie nicht zusammenstürzt. Einige verwenden die Schleimabsonderung als Klebefalle und fressen sie nach einiger Zeit auf. Das macht im Mittelmeer zB Chaetopterus variopedatus. Eine ähnliche Ernährungweise hat Eupolymnia nebulosa mit seinen klebrigen Tentakeln. Letzteren kennen 99% der Taucher auch nach vielen Jahren des Tauchens noch nicht, da es sich um völlig unscheinbare Fäden handelt, die irgendwo aus einem Loch im Felsen kommen. Auch dazu findest Du nicht viel im Netz bzw. nur wenn Du ganz gezielt danach suchst.

http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenMarin/Wurm/source/Eupolymnia nebulosa.html
01.05.2011 23:53
Wow, nach so einer Expertenantwort keine Fragen mehr, 1000 Dank!
DorisMittelschule (damals)
02.05.2011 09:56
Jens, danke für den Link zur/zum (?) Eupolymnia nebulosa.
Wie das Tier aussieht, welches diese Fäden auslegt hat mich schon immer interessiert, habe es bislang allerdings noch nie gesehen.
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
12.06.2011 14:16
Diese oder ähnlich aussehende schleimige Blasen im Indopazifik sind auch als Gelege von Kopfschildschnecken, Cephalaspidea, bekannt. Auch als GELEGE von Polychaeten (Borstenwürmern) werden sie gehandelt. Von Schleim-BLASEN, die von Würmern als Detritusfallen ausgelegt werden, ist mir bisher nichts untergekommen. Betonung auf Blasen.

Ich würde mich freuen, wenn jemand mal knackigscharfe MAKROFOTOS von dieseN SchleimhülleN auf Sand machen könnte. Welche, auf denen man Details sehen kann, wie u.U., evtl. unterschiedliche Entwicklungsstadien von Eiern in der Hülle oder eben nix. Meist sind sie ja eh mit Detritus belegt. Auch das von Jens beschriebene "Loch im Sand" darunter wär interessant als fotografische Dokumentation.

Dazu muss man nicht ans Mittelmeer, Rote Meer oder sonstwo hin fahren. Denn auch im Süßwasser / im See finden sich fast identische, wenn auch kleinere alle pupslang auf Schlammgrund. Sind das evtl. Gelege von bodenlebenden Würmern? Auch hier wären Makro-Fotos toll! Hat da jemand welche, bzw. kann mir welche schicken? biouli.ät.web.de

@Doris: Den Körper eines "Spaghettiwurms" siehst du in z.B. bei einem Bionaut Biokurs am Mittelmeer!
12.06.2011 21:23
Ich kann noch etwas vergrößern. Original erschien das uw wie Zwerghuhnei-Größe. Durchsichtig war es nicht.
http://www.abload.de/image.php?img=img_2784raw3mik.jpg
12.06.2011 21:35
So ist es besser entwickelt
http://www.abload.de/image.php?img=img_2784_dxok8o3.jpg
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
12.06.2011 22:11
Danke, Klaus! Na, ich würde meine Oma wetten, dass das ein Gelege ist.
01.06.2012 10:32
Hast die Wette gewonnen. Habe vor 2 Wochen den Schlupf der Kopfschildschnecken beobachten können, jeden Tag kamen welche und oft waren 2 Eier gleichzeitig reif. Sie kämpfen sich rückwärts aus dem Ei und das dauert recht lange. Innerhalb von 15 Minuten waren sie nicht viel weiter.
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
01.06.2012 11:52
Link per PM von klaus81: http://www.abload.de/image.php?img=img_292201uru.jpg "Hier die schlüpfenden Kopfschildschnecken..."

Das Foto sieht aber "eher" nach der Produktion der Gelege aus!
01.06.2012 21:42
Das erklärt, warum sie nicht raus kamen und warum alle Exemplare, die ich an verschiedenen Tagen gesehen habe, gleich weit drin steckten.
27.06.2013 21:01
Zur Ausgangsfrage: Ich war wieder dort und habe mir die "Blasen" genauer angesehen. Bis auf eine einzige waren alle durchsichtig und ohne Inhalt, oft waren nur Fetzen übrig. Alle hatten als Gemeinsamkeit die Befestigung mittig über einem Wurmloch. Das passt genau zur Antwort von Jens Hartmann.
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
28.06.2013 14:02
1. Wie ich schon schrieb: Von Schleim-BLASEN, die von Würmern als Detritusfallen ausgelegt werden, ist mir bisher nichts untergekommen.
2. Dein Foto http://www.abload.de/image.php?img=img_2784_dxok8o3.jpg zeigt zweifelsfrei ein intaktes Gelege eines Wirbellosen (vermutlich Kopfschildschnecke; evtl. auch "Wurm").
3. Die Beobachtung "Blasen-Fetzen mittig über einem Wurmloch" spricht erstmal nicht weiter für die Theorie von Jens, außer a. es gibt tatsächlich Detritus-Blasenfänger unter den Würmern, UND, Kombination, b: Dein Foto zeigt etwas anderes als das jetzt beobachtete Phänomen.
4. Zusammen würde alles passen, wenn Du tatsächlich jetzt und in der Vergangenheit ein und dieselbe Spezies bzw. dessen Konstrukt beobachtet hast. "Leer"/in Fetzen entweder, weil die Larven geschlüpft sind, oder weil das Gelege aufgefressen wurde. Die Gelegeräuber müssen auch nicht immer von "oben" kommen, manche riechen die Beute auch sehr gut, kriechen auch durch den Sand und kommen von "unten". Das könnte das "Wurmloch" erklären.
5. Eine weitere Theorie wäre, dass die Kopfschildschnecken ein schleimwandstabilisiertes Loch graben, in welchem sie das blasenförmige Gelege anheften. (siehe dein "Schlupf"-Foto http://www.abload.de/image.php?img=img_292201uru.jpg)

Fazit: ohne weitere Fotos, wie angefordert, und genaueren Check des Phänomens (d.h. untersuchen, ob bei intakten Blasen tatsächlich ein Loch drunter ist, und wie tief das ist; wie genau erfolgt die Angheftung der Blase am Untergrund?) kommen wir erstmal bei dem Quiz nicht wirklich weiter.
07.12.2014 21:36
Wir sind weiter - die Gelegetheorie stimmt! Das durch das Ei schimmernde Wurmloch erwies sich nach dem Freiwedeln als die Verankerung des Geleges im Boden. Am Ufer gab es einige frei treibende Gelege. In der hohlen Hand aus dem Wasser gehoben sah man dann die winzigen Eier in der gallertartigen Haut des Geleges.
18.12.2014 18:10
Und noch Fotos. Die freigewedelte Verankerung der Blase im Sand zeigt mehrere Anker und ist so stark, wie sie aussieht, ganz erstaunlich!


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