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grogCMAS**

Wärmeempfindung beim Tauchen / in der Badewanne

Beim rumklicken in den dive-logs meines letzten Urlaubs kam mir folgende Frage, zu der mir noch keine plausible Antworthypothese eingefallen ist:

Wenn die Meerestemperatur >= 29°C beträgt, dann tauche ich gern nur in Badehose/Rashguard, und mir wird dabei während typischerweise ca. 70-minütiger Tauchgänge subjektiv überhaupt nicht kalt, auch nach dem Tauchgang habe ich dann nicht das Gefühl, mich irgendwie "aufwärmen" zu müssen, und könnte "gleich wieder ins Wasser".

(Bei geringeren Meerestemperaturen ist das natürlich anders, unter 27°C wird mir ein Shorty zu wenig, und unter 24°C wird mir auch in dickeren langen Anzügen allmählich kalt.)

Wenn ich mich zu Hause in die Badewanne lege, und dort auf 30°C temperiertes Wasser einlasse, finde ich das aber schon nach 10min subjektiv unangenehm kalt. Genaugenommen empfinde ich in der heimischen Badewanne alles unter 37°C als subjektiv "zu kühl", auch wenn ich noch nicht ausprobiert habe, ob ich nach 70min bei dieser Temperatur effektiv frieren würde.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass beim Tauchen das Jacket (das ich sehr locker zu tragen pflege) oder das wirklich minimale Flosseln beim Fische-gucken für relevante Erwärmung sorgt.

Die Füsslinge könnten noch einen kleinen Wärmebeitrag leisten - aber kann das solch einen Unterschied ausmachen?

Übersehe ich einen relevanten Faktor, der den Unterschied in der Wärmeempfindung zwischen Tauchen/Meer und Badewanne ausmachen könnte?
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03.06.2014 05:55
Das liegt daran, dass du dich beim Tauchen bewegst, wodurch der Stoffwechsel "hoch" geht. Bei der Verstoffwechselung wird Wärme freigesetzt.Ein gewisser Teil der Wärme ist bestimmt auch Reibungswärme der Muskeln und Gelenke. Zudem steigt der Blutdruck, das Gewebe wird besser durchblutet und kühlt daher nicht so schnell aus.

03.06.2014 05:59
Das "subjektiv" spielt sicherlich auch eine Rolle. Wenn man in` s Meer springt erwartet man keine heisse Badewanne und umgekehrt nat. auch nicht.
03.06.2014 06:13
Kühlt das Badewannenwasser nicht auch aus?
03.06.2014 06:48
Das kommt auch noch dazu
03.06.2014 08:20
Bewegung wurde ja schon gesagt. Zusälich wirst du im Meer abgelenkt sein und dich nicht so auf die Temperatur konzentrieren, während du dich in der Badewanne voll darauf konzentrieren kannst, kalt zu bekommen.
03.06.2014 10:53
Ich würde auch auf Ablenkung, Aufregung, Bewegung tippen...

Wenn ich in Ägypten bei durchgängig 30° Wasser tauche, dann tauche ich mit 7mm-Anzug und das ist mir nicht zu warm...im Gegenteil, bei mehreren TG täglich über mehrere Tage wird`s mir sogar kühl (und ich zieh schonmal ne Kopfhaube an).

In die Badewanne gehe ich dann aber ohne Anzug
Tümpitausche Sterne gegen Muscheln
04.06.2014 08:13
In der Badewanne bist du micht vollständig unter Wasser und die Lufttemperatur ist wahrscheinlich unter 30 Grad.
04.06.2014 20:55
Bin der Meinung, dass auch viel Wärme über Kopf, Hände und Füße verloren geht. Steht das nicht auch so im OWD-Kursbuch?
Tümpitausche Sterne gegen Muscheln
05.06.2014 07:44
Wärme über Kopf geht dann verloren, wenn er nicht gewärmt wird, auch im warmen Wasser schaut der Kopf meist aus dem Neoprenshorty raus. Beim Shorty geht viel mehr Wärme über andere Körperteile verloren. D.h. Wärme geht dort verloren, wo kein Neopren, egal, ob Kopf oder was anders. In der Badewanne schaut allerdings meist nur der Kopf aus dem warmen Wasser. Außerdem fehlt jegliche Bewegung und Reiz/Ablenkung für die Augen, wie beim Tauchen vorhanden.
grogCMAS**
05.06.2014 22:54
@notabstieg: Ich bezweifele, dass die minimalen Bewegungen bei einem ruhigen Tauchgang am Riff entlang ausreichen, um für einen signifikanten Anstieg des Stoffwechsels zu sorgen - dagegen spricht schon der geringe Luftverbrauch, der noch deutlich unter dem liegt, was man an Land verbraucht, wenn man sich auf eine Weise betätigt, die gerade spürbar erwärmt (z.B. bei einem langsamen Spaziergang).

@steffi: Ablenkung/Erwartungshaltung leuchtet mir bezüglich Wahrnehmung einigermassen ein, liesse sich evt. aber als einziger Grund ausschliessen, wenn man mal in der Badewanne abwartet, ob man bei 30°C nach 70min nicht auch effektiv am zittern ist...

@Tümpi: Das Argument "Kopf ist in der Badewanne über dem Wasser" spräche ja nun gerade für eine wärmere Empfindung in der Badewanne, nicht für das beobachtete Gegenteil. Immerhin ist die Luft im Badezimmer über dem Wasser typischerweise so warm, dass man sie überhaupt nicht als kalt empfinden würde.


Aber mir ist noch eine Idee gekommen: An der Grenze zwischen Wasser und Luft dürfte es in der Badewanne typischerweise einen Bereich geben, in dem die Haut nass, aber nicht unter Wasser ist - und dort spürt man Verdunstungskälte. Das könnte schon signifikant zur Empfindung "kalt" beitragen...
Tümpitausche Sterne gegen Muscheln
06.06.2014 20:05
Normalerweise ist die Luft im Badezimmer deutlich kälter als das Wasser.
07.06.2014 00:12
Ich wuerde divemark zustimmen... das Badewannenwasser kuelt aus, waehrend das meer die temperatur haelt. Selbst ein Grad Abkuehlung kann ja schon das Empfinden stark beeinflussen. Dazu kommt sicher auch der" nasse Haut an Luft Effekt", also ein Naessefilm auf der Haut, welcher an der Luft schnell abkuehlt, und somit dich kuehlt, da er deine Waerme schneller ableitet...wie Schweiss eben.
Also, Schwimmthermometer kaufen, nachmessen....sonst an Sendung mit der Maus schreiben....oder Galileo, die fuegen dann noch Explosionen ein...
grogCMAS**
07.06.2014 00:32
@Tümpi: Klar ist die Luft kühler als das Badewasser - aber direkt über dem Wasser nur sehr wenig - und auch 26°C-Luft wäre noch warm genug um sie nicht als kühl zu empfinden.

@rst: Ich fürchte, bei "Galileo" würden am Ende Aliens für das Phänomen verantwortlich gemacht
10.06.2014 00:06
an den TO:

Grog, wie hast Du denn dein AVM beim Spazierengehen gemessen?

Siehe:
"@notabstieg: Ich bezweifele, dass die minimalen Bewegungen bei einem ruhigen Tauchgang am Riff entlang ausreichen, um für einen signifikanten Anstieg des Stoffwechsels zu sorgen - dagegen spricht schon der geringe Luftverbrauch, der noch deutlich unter dem liegt, was man an Land verbraucht, wenn man sich auf eine Weise betätigt, die gerade spürbar erwärmt (z.B. bei einem langsamen Spaziergang). "
grogCMAS**
10.06.2014 00:24
@schlickschlürfer: Mittlere AMV-Werte "an Land in Ruhe" finden sich in der Literatur (um 8l/min), und die vom TC gemessenen AMV-Werte liegen bei meinen ruhigen Tauchgängen in genau diesem Bereich. Ich bin mir sehr sicher, dass ich während eines langsamen Spaziergangs deutlich häufiger atme als während eines Tauchgangs.

Aber selbst wenn da (anders als ich annehme) nochmal 50 Watt Wärmeleistung zusätzlich bei einem TG anfielen - deren Ableitung über die große Hautoberfläche im Wasser wäre so zackig, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass das bzgl. der Wärmeempfindung 6°C Wassertemperaturunterschied ausmachen könnte.
12.06.2014 12:59
Achtung!

Es gibt zwei Arten von kalt/kühl.
Das eine wird registriert durch die Wärme-Rezeptoren in der Haut.
Das andere wird registriert durch die Wärme-Rezeptoren im Körper.

(Umgekehrt werden einige von Euch (vor Allem korpulentere) schon mal beobachtet haben, dass man trotz ganz kalter Haut schwitzt. Das liegt an der Regelung der Temperatur im Körper-Inneren.)

Hinzu kommt ein Phänomen, dass der Körper ausgehend von den Wärme-Rezeptoren der Haut die Durchblutung der äußeren Gewebeschichten regelt.
Beim Nackt Tauchen in kaltem Wasser wird viel weniger Wärme verloren, als man erwarten würde aus Messungen im warmen Wasser.

Wärme-Verlust des Körpers hat mit Wärme-Durchgang zu tun und nur im Entferntesten mit der Oberflächen-Temperatur.
Mein Erklärungs-Versuch für das "Phänomen" ist die unterschiedliche Durchblutung bei relativ kaltem Meerwasser bzw. bei relativ warmem Badewannen-Wasser. Hinzu kommt natürlich das Thema Haut/Kopf außerhalb des Wassers.


Gut Luft

FANATIC DIVER
EXIL - VFLerGUE Tech 1 / Cave 1
12.06.2014 13:42
Kopf außerhalb des Wassers passt nun gar nicht als Erklärung. Ganz im Gegenteil.
grogCMAS**
14.06.2014 17:16
@Fanatic Diver: Was ich an Deinem Erklärungs-Versuch unplausibel finde: Du sprichst von "relativ kaltem Meerwasser bzw. relativ warmem Badewannen-Wasser". Ich habe aber gerade von Empfindungen bei etwa gleicher Wassertemperatur (29-30°C) geschrieben. Die Durchblutung der äußeren Gewebeschichten müsste also in beiden Fällen etwa gleich eingestellt werden.

Und abgesehen von der Intensität der Durchblutung hat der Körper ja kaum Möglichkeiten, die Wärmeleitung durch die Haut zu verändern: Die Gewebezusammensetzung bleibt gleich, der Körper kann die Größe der Oberfläche nicht nennenswert verändern, auch der Aufbau einer "Isolationsschicht" aus Fett o.ä. wäre nur langfristig möglich.
grogCMAS**
14.06.2014 17:20
Ein Aspekt, der auch noch eine Rolle spielen könnte: Wo das Meerwasser 30°C warm ist, ist es vor dem Tauchgang an der Luft meist sehr warm - möglicherweise hält die "Vorheizung" des Körpers durch diese Wärme vor dem Tauchgang lange an - vielleicht würde ich zu Beginn des Tauchgangs 37.5°C Körperkerntemperatur messen, und danach nur noch 36.5°C?

Muss ich mal ausprobieren, im nächsten Tauchurlaub... ein Fieberthermometer habe ich ohnehin immer dabei
14.06.2014 23:21
"Und abgesehen von der Intensität der Durchblutung hat der Körper ja kaum Möglichkeiten, die Wärmeleitung durch die Haut zu verändern..."
Das ist ein Widerspruch in sich: Die Veränderung der Hautdurchblutung ist eine sehr effiziente Steuerung der Wärmeabgabe des Körpers.
Aber ich sehe nicht, dass die Dutchblutung bei gleicher Wassertemperatur per se unterschiedlich sein sollte.

Meine Hypothese ist, dass die körperliche Aktivität und der Stoffwechsel im Meer doch deutlich höher ist, selbst in scheinbarer Ruhe, als in der Badewanne. Allein das Wechselspiel von Sympathikus und Parasympathikus, mit Ausgangspunkt Psyche, spricht dafür.
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