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beatmung tauchen

Hallo liebes taucher.net Team.
Ich weiß nicht ob ich mit meinem Anliegen bei ihnen richtig bin aber ich hoffe sie können mir weiter helfen.
Ich arbeite seit fast vier Jahren in der intensiv Pflege und zur Zeit bei einem mit ALS. Er hat keine eigen Atmung. Www.als-info-fsl.de (damit sie ein genauen Eindruck von ihm haben.)
Ich selber tauche schon länger und er hat vor seiner Erkrankung auch getaucht. Nun wollte ich in Erfahrung bringen ob es möglich wäre? Ob es sowas gibt oder ob sie jemanden kennen? Hauptsächlich geht es um ein Gerät das die Luft aus der pressluftflasche in die Lunge pumpt (das Prinzip eines beatmungsgerätes).
Ich hoffe sie können mir weiter helfen oder jemanden empfehlen der Ahnung hat.

Mfg Maria
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09.03.2015 21:33
Hallo,
mir ist nicht bekannt dass es sowas gibt.
Ein Atemregler wartet per Konstruktionsprinzip immer auf einen Unterdruck am Mundstück (Einatemvorgang) bis er Luft hergibt.

Technisch möglich wäre dabei die Luftdusche zu nutzen. Das wäre allerdings meines wissens nach eine Bastelei für einen Prototypen.

Der Ausatemvorgang kann aber damit nicht durchgeführt werden.

Maximal, dass man ein Beatmungsgerät mit einem Kreislauftauchgerät koppelt !?
das wäre aber auch im Bereich der Neuerfindeungen zu suchen...

H2Co3
09.03.2015 22:47
Das müsste ein zugelassenes Medizinprodukt sein, für das es strenge Auflagen für Funktion und Produktion sowie Anwender gibt. Was soll der Vorteil gegen vorhandener Beatmungsgeräte sein?
09.03.2015 22:58
In Amerika gibt es eine Gruppe, die sich Dive Heart nennt. Diese tauchen mit Leuten mit allen möglichen Behinderungen. Ich meine da auch mal einen Beatmungsschlauch auf einem Foto gesehen zu haben. Vielleicht kannst du da ja mal anfragen? Die Gruppeist auf Facebook zu finden.
09.03.2015 23:10
Kenne mich da nicht aus, aber ich habe mal gehört man kann Vollgesichtsmasken auf Überdrück stellen. Ggf. geht damit was...
shuttleTL** / Instructor Trainer / MSDT / TMX
09.03.2015 23:55
Divemark hat Recht, Helm mit constant flow könnte es möglich machen, hatte neulich so einen im Test (http://www.taucher.net/diveinside/Praxistest_-_G3000SS_Taucherhelm_story156.html) . Andererseits ist ALS meines wissens aufgrund eingeschränkter Lungenfunktion (einhergehend mit Hypoxämie/ Hyperkapnie) eine absolute Kontrainikation für das Tauchen, auch Handicap-Tauchen. Kann ein Handicap TL etwas dazu sagen?
nandersenIANTD CCR
10.03.2015 00:25
Hallo Maria,

ich tauche selbst verschiedene Kreislaufgeraete als SCR, mCCR und e/hCCR.

Diese Tauchart erfordert einen hohen Taskload und einen gewissen Musclememory in verschiedenen Situationen, bspw. dem normalen Austauchen.

Beim CCR ist die Gefahr der Sauerstofftoxizitaet durch fehlerhaftes PPO2-Management auf Tiefe besonders gefaehrlich.

Die Amyotrophe Lateralsklerose fuehrt zu Fazsikulationen und spastischen/atropischen Laehmungen, Sprech- Schluckstoerungen bis zum Trismus. Ich koennte mir vorstellen, dass ein Po2-spike hier spontan krampfausloesend wirkt.

Ich vermute, dass sich dies nicht in Einklang bringen lassen wird, auch wenn irgendwie die aktive Beatmungstechnik auch auf Tiefe erfolgreich so modifiziert wuerde, dass diese die Lungen (volumengerecht!) weiter belueftet.

Vielleicht sollte man daher die Zielsetzung ueberdenken.

Wenn Dein Patient nun intubiert ist, (also keine Gefahr der Aspiration des Wassers bestuende) koennte dieser theoretisch ueber einen verlaengerten Faltenschlauch (2-Wege) am Bifurkator (oder via PEEP zur Entlueftung) weiter beatmet werden, auch wenn er sich einige Meter vom Geraet entfernt.

Leider koennen medizinische Beatmungsgeraete (speziell Heimbeatmungsgeraete) lediglich einige 10mbar aufbringen, aber ggf. wuerde dies ausreichen um ihn (bspw. in einer medizinischen Einrichtung im Flachwasser Pool) mittels eines Auftriebsmittels `Schnorcheln` zu lassen.

Eines der Kernprobleme besteht allerdings, wie Kwolf schon sagte, in der Richtlinie fuer Medizingeraete. Wenn du den Schlauch beliebig verlaengerst verlierst Du den Differenzdruck und baust Totvolumen durch die flexiblen Schlauchmomente auf. (Stichwort Tubuskompensation) Fraglich wem die Verantwortung bei Erloeschen der Herstellerzulassung obliegt.

Sollte man dies nun auf OC umdenken, waere eine Belueftung der Lungen durch einen `herkoemmlichen` Lungenautomaten nicht morglich denke ich.

Grund hierfuer waere, dass Dein Patient ja intubiert/ggf. unter Vollmaske zum Einen den Differenzdruck des Wassers durch den Atemregler zugesteuert bekommen muss- andererseits aber das Druckpotential gross genug sein muss um die Lungen zu belueften und bei erfolgter Belueftung wieder abzulassen.

Ich denke das liesse sich ggf. konstruieren, allerdings bleibt zu bezweifeln, dass die Klientel hierfuer gross genug ist um eine solche Entwicklung voranzutreiben.

Ob bspw. der Patient bei einer ueber-Kopf Lage selststaendig die Lungen entlueften kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Ggf. waere dies ein weiteres- technisches- Problem.

Rein Interessehalber- hast Du das Beatmungsschema des Patienten? Ich selbst habe lediglich technische Erfahrung mit Notfallbeatmern (Volumengesteuert). Vielleicht laesst sich aus den Druckschemas etwas ableiten.





10.03.2015 08:05
Mal unabhängig von MedGV und MPG...
Wenn das Beatmungsprofil nicht zu kompliziert ist und einfach AMV/AZ gesteuert ist, wäre es eventuell möglich, nen einfachen Oxylog oder ähnliches zu verwenden, der dann einfach über wasaser bleibt und durch den Beatmungsschlauch mit den Pat. Verbunden ist. Dürfte zwar nur auf Reichweite von ca. 2m haben, aber besser als nix. Wobei ich jetzt nicht weiss, wieviel mbar die älteren Geräte ( kaum Elektronik) liefern können, aber für die Länge des Schlauches dürfte es verm.reichen. Die Thematik des Ausatemventils müsste man auch klären. Frag doch einfach mal bei dem Hersteller an, vielleicht hat da jemand eine Idee...
10.03.2015 09:03
Danke schon mal für die antworten. Er wird druck kontrolliert beatmet.
Den druckausgleich kann er machen da er den Unterkiefer bewegen kann. Natürlich war nur die rede von ca 5 Meter. Tiefer würde ich eh nicht gehen.
Eine vollgesichtsmaske muss es eh sein da er über die Augen kommuniziert.

Es ist auf jeden Fall ein scchwieriges Thema.aber informieren wollten wir uns.
beatkCMAS I*
SSI OWDI
10.03.2015 13:47
@eagle1:
Die meisten Beatmungsgeräte machen irgendwo bei 80 bis 120mbar Schluss, da dies so regulatorisch gefordert ist. Willst du also noch einen Beatmungsdruck von 30mbar erreichen, hast du noch 50mbar also etwa 50cm Wassertiefe. Das reicht für`s Schnorcheln aber 5m wirst du sicherlich nicht hin kriegen. Ideen könnten bei den Beatmungsgeräte-Herstellern schon vorhanden sein, aber keiner wird sich hier wohl auf die Äste raus lassen und sich hier einer möglichen Haftung aussetzen. Die Geräte sind schlicht und einfach nicht dafür ausgelegt.

@H2Co3
Ich glaub nicht, dass das mit der Luftdusche funktionieren würde. Du braucht für die Einatmung ein Überdruck der die Lunge "aufbläst". Sobald der Lungenautomat ein gegendruck hat, wird er die Luft ins Wasser abblasen und wohl kaum die Lunge belüften. Sobald der Gegendruck gegen die Lunge weg ist, wird sich diese selber wieder zusammen ziehen und die Luft "raus lassen". Ich denke, das wäre dann das kleinere Problem.
ag2908PADI Staff Instr.
10.03.2015 13:55
ch würde mich auch mal an HSA http://de.wikipedia.org/wiki/Behindertentauchen
und IDDA http://www.i-d-d-a.com/ wenden.
Oder auch an Tauchmediziner der GTÜM http://www.gtuem.org/62/taucheraerzte


Grüsse aus Dahab
11.03.2015 09:56
@beatk:
deswegen meine ich ja, dass man da was basteln müsste.
Nur die Luftdusche dauerhaft zu betätigen ließe ja den Probanden nicht mehr ausatmen (weil er das ja nicht mehr kann)

Anderer "dummer" Ansatz:
wenn man sowas wie einen Helmtauchanzug mit Konstant-Flow nimmt, und darin den Probanden sein Beatmungsgerät anlässt ?
- dann würde am Beatmungsgerät kein Druckunterschied auftreten (Gerät und Lunge haben den gleichen Druck) , alles bleibt trocken, man muss sich nicht auf irgendein gebastel verlassen...

H2Co3
thawkSSI AOWD
11.03.2015 16:33
Zuvor gesagt: Ich verstehe was vom Tauchen und von Beatmung, aber die Kombination hatte ich noch nie Aber mal ein paar Ideen:
So wie du es schilderst, reden wir doch über einen tracheotomierten Patienten, oder? Damit fällt Helmtauchanzug raus. Außerdem muss man entsprechend gut gesteuert und mit adäquater Messung PIP und PEEP einstellen können, also ein Druckniveau auf 2-3 mbar genau aufbauen können. Da du kein wasserfestes Beatmungsgerät finden wirst, müsstest du das Gerät an der Wasseroberfläche lassen und die Beatmungsdrücke entsprechend der Tauchtiefe einstellen - etwas, was nicht geht, da die Drücke beim, auch flachen, Tauchen dtl. größer sind als die Beatmungsdrücke. Nicht zuletzt musst du das Tracheostoma sicher gegen Wassereintritt sichern (okay, kannst ein geblocktes nutzen), dennoch beim ALS-Patienten kein geringes Risiko.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke, es geht nicht. Du kannst mit ihm schwimmen gehen und vielleicht auch (bei ausreichender Abdichtung) `Schnorcheln` an der Beatmung mit langen Schläuchen, aber mehr kann ich mir nicht vorstellen. Falls die o.g. Ansprechpartner mehr wissen - lass es uns wissen!
11.03.2015 23:10
Eine Alternative wären zivile U-Boote, um zumindest überhaupt unter Wasser kommen zu können. Ist natürlich ein Kompromiss, aber sicherlich leichter realisierbar.
uboettgerVielseitigkeitsabzeichen Seehund Trixi
12.03.2015 21:36
Puh, meine erste Reaktion beim Lesen des ersten Posts war: Und wer soll das rechtlich verantworten, selbst wenn ein Tauchgang - wie tief auch immer - beatmungstechnisch möglich wäre? Beim Lesen der Biografie des Betroffenen habe ich gesehen, dass er sich ausdrücken kann und sonst außerhalb des Wassers sehr aktiv ist.

Allerdings habe ich - wie thawk - auch gelesen, dass Medikation zur Unterdrückung des Speichelflusses eingenommen wird und ein Luftröhrenschnitt zur Beatmung geschehen ist. Durch den Luftröhrenschnitt dürften alle Überlegungen der Vorschreiber über Taucherhelme bzw. modifizierte Atemregler oder Beatmungsgeräte obsolet sein, denn der Überdruck muss dann - wie thawk schon sagte - am Luftröhrenschnitt ansetzen.

Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass sich selbst bei Einwilligung des Betroffenen jemand finden würde, der bei tatsächlicher technischer Möglichkeit das Risiko eines unkontrollierten Speichelflusses durch Lageveränderung auf sich nehmen und letztendlich verantworten würde. Dann lieber - wenn möglich - die U-Boot- oder Glasbodenboot-Variante.
ramklovApnoeTL, TL**
13.03.2015 00:19
Habe soeben die Lebensgeschichte und den Krankheitsverlauf im Link des TO gelesen. Kann es sein, dass die Eingangsfrage schlicht nicht zu beantworten ist, weil es mit etwas Überdruck im Beatmungschlauch nicht getan ist?

Angenommen, man lässt ihn an der Wasseroberfläche treiben, also "schnorcheln", idealisiert in einem Gewässer ohne Wellen. Dann hätte man zumindest die Randbedingungen für die erforderlichen Drücke des Atemgerätes auf dem Rücken(oder man lässt ihn ohne Gerät für kurze Zeit "Apnoeschnorcheln"). In diesem "einfachsten Fall" wäre wegen der Muskellähmung nur eine arg eingeschränkte Kommunikation über die Augen möglich, soweit ich das verstanden habe. Egal ob Apnoe oder mit Gerät, der Betreuer braucht eine Rückmeldung über das Wohlbefinden des Tauchers. Habt Ihr Euch darüber Gedanken gemacht?

gruß ramklov
15.03.2015 16:25
sorry, nein, begleiten C2 Fraktur Pat, welche mit Unterstüzung in einen Klinik Pool gehen, da sind 3Mann IPS dabei.
Die Ilusion das du einen Cuff Block so dicht bekommst, das kein Wasser eintritt endet in zerstörter Trachea. Aus der Traum.
wenn eer sich im wasser auf dem Rücken liegend begleiten lassen möchte um Kontrakturen zu rdeuzieren bzw basal sich zu spüren melde dich per PN das führt sonst hier zu weit.
15.03.2015 19:14
Alle gehen bislang von einer "inneren" Beatmung durch Überdruck durch die Luftröhre aus....

Ist man damals bei den Versuchen zur Flüssigkeits-Atmung http://de.wikipedia.org/wiki/Flüssigkeitsatmung nicht auch mal einen Ansatz mit einem von außen auf die Lunge wirkenden Beatmungs-Gerät gegangen? (Weiten von Brustkorb oder Bauchraum über eine Maschine.) Ich bzw. Google hat leider nichts dergleichen gefunden. Und die Risiken bzw. offenen Punkte sind ja auch nicht zu vernachlässigen.

In sofern ist dieses Posting mal nur eine Diskussions-Grundlage aber kein konkreter Vorschlag.

Neben den Mini-Ubooten wäre ein Panzertaucher eine Idee, aber ob die Apparatur da drin Platz hat, wäre zu prüfen.

Und zum Thema Zulassung würde ich noch die Einzel-Zulassung ins Spiel bringen. Kostspielig aber es mag Fälle geben, wo das dennoch in Erwägung zu ziehen ist.


Gut Luft

FANATIC DIVER
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