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restn2i.a.c. Trimix 60

plötzliches Frieren nach Gaswechsel

Hallo zusammen,

im Rahmen meiner Ausbildung ist mir aufgefallen, daß ich speziell nach dem Gaswechsel von Pressluft auf EAN 50 stark zu frieren anfange.

Beispiel: bei 5° Wassertemperatur fange ich mit meinem Equipment ca. nach 45 min an daran zu denken, daß ich mich in Kaltem Wasser befinde. Ab ca. 50 min wird es unangenehm und nach 60 min fange ich an zu frieren: soweit normal.

Führe ich jedoch nach ca, 20-25 min einen Gaswechsel (meistens auf EAN 50) durch, setzt nach wenigen Minuten ein regelrechtes Frösteln ein..

Hier nun meine Frage: Gibt es dafür eine physiologische Erklärung?

(nein, ich generiere mein Nitrox nicht durch ausfrieren des Stickstoffs )

Vielen Dank schon mal im Voraus für Eure Antworten dazu.
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03.02.2015 12:15
Interessant wäre noch zu wissen, wie du dich nach dem Gaswechsel verhältst. Vielleicht fröstelst du ja gar nicht wegen dem Gas, sondern einfach deshalb, weil du dich auf Deko viel weniger bewegst als sonst?
restn2i.a.c. Trimix 60
03.02.2015 13:13
> steffi
sicherlich eine Überlegung wert. Da ich aber, bevor ich richtig wärme produziere, meinen puls für mindestens 20 min auf über 120 bringen müßte, sind meine Aktivitäten unter Wasser eigentlich alle ungeeignet, mich zu erwärmen. Auch meine Tauchgeschwindigkeit entspricht mehr der eines Tec-Tauchers, als der eines Sporttreibenden.
Was mich sonst kühlt ist das Entweichenlassen von Luft aus dem Anzug, oder das Komprimieren der Selbigen beim Abtauchen.
Aber beides ist nicht so extrem und schlagartig, wie eben nach dem Gaswechsel. Obwohl der natürlich immer mit einem Aufstieg / Luft aus Anzug einhergeht.
Wenn mir keiner einen physiologischen Grund nennen kann, dann ist es vielleicht der Aufstieg als Ursache...

Kennst Du das denn gar nicht, daß Dir nach dem Gaswechsel zumindest kälter wird?
marviraDivemaster
03.02.2015 13:39
Hallo, probier doch mal bei einem moderaten TG aus was passiert, wenn du zurück wechselst. (Natürlich nur unter der Voraussetzung dass du auch ohne Dekogas deine Verpflichtung einhalten kannst ohne zu erfrieren. Dann erneuter Gaswechsel auf das Dekogas.) Das bringt dann die Psyche etwas durcheinander.
Nitrox-PanscherPADI Advanced Freediver
SDI Solo-Diver
GUE Cave 1 / Tec 1 / DPV
TDI Gasblender
03.02.2015 16:54
Hallo restn2,

ich friere ebenfalls ca. 2 Min. nach dem Gaswechsel. Bei 100% O2 ist es besonders ausgeprägt. Beim 50er ist es aber ebenfalls bemerkbar.

Wenn ich mich recht erinnere, gibt es einen Zusammenhang zwischen dem O2-Partialdruck und Vasodilatation bzw. -konstriktion.

Kann jetzt aber aus dem Stand keinen Literaturnachweis nennen. Müsste ich ggf. recherchieren.

Terri23Normoxic Trimix
03.02.2015 19:57
Hallo zusammen,
so weit ich mich erinnere, kommt es ab einem gewissen Sauerstoffpartialdruck zu einer endothelvermittelten Vasokonstriktion. Die Gefäße ziehen sich zusammen, um die Zellen vor zu einem viel des doch sehr reaktiven Sauerstoffs/Sauerstoffradikalen zu schützen. Coffein verstärkt den Effekt.
Hypoxie und Hyperkapnie führen andererseits zu einer Vasodilatation.
restn2i.a.c. Trimix 60
03.02.2015 20:55
> marvia
das ist natürlich ein schlüssiger Trouble Shooting Ansatz.
Allerdings wollte ich mit dieser Frage hier im Forum genau den empirischen Ansatz umgehen

> Nitrox-Panscher: > Terri23
Vasodilation bzw. Vasokonstriktion, getriggert durch einen veränderten / hohen ppo2 scheinen mir lohnende Begriffe für eine weitere Recherche zu sein. Habt Ihr von diesen Zusammenhängen im Rahmen der Trimixausbildung erfahren, oder entspringt das Eurem beruflichen Fachwissen?
Auf jeden Fall ist das eine Richtung, die ich am ehesten vermuten würde, als Ursache für meine Beobachtung.
Vielen Dank!
Terri23Normoxic Trimix
03.02.2015 22:13
@ restn2:ist berufliches Fachwissen
03.02.2015 22:16
@Nitrox-Panscher @Terri23 Hilfreiche und gut erklärte Antwort. Danke dafür.
04.02.2015 08:52
"again what learned"...

ich kann diesen Effekt auch feststellen, allerdings habe ich folgende Beobachtung gemacht:
(beide TG-Varianten mit gleichem Profil = 30min Grundzeit)
- TG auf 40m mit leichtem Trimix: auf 21m mit EAN50 kein frieren
- TG mit Pressluft , auf 21m starkes frieren (2-3min nach dem Gaswechsel.

-> daraus habe ich gefolgert:
Tauchgang mit Pressluft : starke Narkosewirkung nach 30min@40m, vermutl. wurde Kältereiz "betäubt".dann 2-3min nach Gaswechsel starkes frieren, danach wieder kein frieren.

aber: auch bei längerer O2 Deko mit 1.6bar kein Frieren. - wie kann das sein ?

H2Co3
restn2i.a.c. Trimix 60
04.02.2015 09:48
> Kohlensäure
da ich bislang keine Tauchgänge über 34 m in diesem Zusammenhang gemacht und als Grundzeit nur 15 min aufgewandt habe, ist die narkotische Wirkung auf mich nicht groß genug gewesen, um sie in die Überlegungen mit einzubeziehen: ausschließen kann ich sie aber auch nicht…
Dennoch kann das Bottom Gas auch einen anderen Einfluß ausüben, der das Frieren beim Gaswechsel fördert, oder reduziert.

> Terri23
über hören/sagen habe ich erfahren, daß Koffein über ein anderes Signalsystem hemmt, um dann zum selben Ergebnis zu führen, aber bei körperlicher Anstrengung. Und Streß (Noradrenalin), Blutmangel durch Durstphasen könnte ebenfalls verstärkend wirken.

Aber stellt eine endothel vermittelten Vasokonstriktion durch einen hohen PO2 nicht das Prinzip des Sauerstoff-Fensters in Frage? Das soll keine provokante Frage darstellen! Wie ich oben bereits erwähnte, befinde ich mich noch in der Ausbildung und tue mich einfach sehr schwer, die Mechanismen zu verstehen.


Bislang fühle ich mich in der Annahme bestärkt, daß es sich um eine physiologische Reaktion handelt.
Mein Wunsch wäre natürlich, dieser „gefährdungslos“ entgegen zu wirken.
Das Trimixtauchen mich diesem Ziel einen Schritt näher bringen wird, ist doch schon mal ein Lichtblick. Viel Trinken ist auch bislang nie negativ erwähnt worden. Und Stress vermeide ich durch Üben.
marviraDivemaster
04.02.2015 13:32
Hallo restn2, an deiner Stelle würde ich erst mal meine Grundisolation prüfen. Bei 15 Min. Grundzeit solltest du eigentlich gar nicht frieren, egal was für ein Gas du atmest. Trimix hilft dagegen auch nicht, eine bessere Körperisolation jedoch schon.
04.02.2015 17:08
sorry, nicht bös gemeint, aber bei 34m und 15min
Grundzeit, da hast du gerade mal max. 5 min Deco,
für was brauchst du da Decogas und die ganze Prozetur, tauch einfach mit deinem "Bottom Gas" in diesem Fall wahrscheinlich Luft,
langsam aus, und die Deco erledigt sich von selbst , der Tauchgang ist nach ca. einer halben Stunde zu Ende und frieren ist kein Thema.
Wenn du bei 4°oder 5°C, bei dieser Grundzeit, nach 50 bzw.60 min. noch im Wasser bist und frierst, bist du selbst schuld
wie gesagt nix für ungut, aber ich kann`s nicht nachvollziehen
restn2i.a.c. Trimix 60
04.02.2015 17:27
… schade, jetzt wird langsam out of topic.

Die Frage lautet: Gibt es eine physiologische Erklärung dafür, daß kurz nach dem Gaswechsel auf EAN 50 ein Frösteln auftritt?
Und ich wußte bereits vor der Fragestellung, daß ich das nicht alleine beobachten kann, sondern von mehreren Tauchern bemerkt wird.

Die Frage lautet nicht: Bin ich warm genug angezogen? Oder ist ein Gaswechsel nach 15 min Grundzeit im Rahmen einer Tauchausbildung sinnvoll?

Auch WIRKLICH nicht böse gemeint, aber eben nicht die Frage
restn2i.a.c. Trimix 60
04.02.2015 17:30
... oh, Großschrift ist ja Schreien im Netz.
Das habe ich nicht gemeint!
Ich wollte zum Ausdruckbringen, daß ich es "wirklich" meine...
Gelbe MaskeMaske hilft!
Abz. "Für gutes Wissen" (Gold)
04.02.2015 20:42
Nach Gaswechsel plötzliches Frieren hab ich noch nicht klar bemerkt, vielleicht bin ich aber zu unsensibel.
Aber mal weg von den wissenschaftlich anmutenden TecciSprech zur Erklärungssuche, frei nach einem alten Witz ("und, was hat es ihm genutzt?"):
Was willst du dagegen machen, egal (falls es so ist) welche Theorie da greift? Die Gaswahl auch noch auf 3min gefühltes Frieren hin optimieren? Wohl kaum, also was soll`s.
ramklovApnoeTL, TL**
05.02.2015 12:11
Solchen Phänomenen kann man doch mal auf den Grund gehen.

Da mit steigendem ppN2 die Narkosewirkung zunimmt, meine Theorie: Du frierst auch vor dem Gaswechsel, nur Du merkst es wegen des hohen ppN2 nicht. Erst wenn die Narkosewirkung schlagartig abgeschwächt wird, durch Gaswechsel auf 50% O2 auf 21m Tiefe, spürst Du schlagartig die Kälte. Steigst Du erst bei 6m auf 100% O2 um, fehlt es an der schlagartigen Absenkung der Narkosewirkung und daher am plötzlichen und überraschenden Kältereiz.

Ist wie gesagt nur eine Theorie, ich empfinde das beim Gaswechsel nicht so. Ich empfinde bei Presslufttauchgängen meist wohlige Wärme ab 45m, obwohl es eigentlich kalt sein müsste und eben noch kalt war.

Die Moral von der Geschicht: Warm anziehen.

gruß ramklov
SchubottaPADI Rescue Diver
05.02.2015 12:15
Es hat schon wie vermutet etwas mit der Gefäßdilatation zu tun. Wenn die Lungenalveolen "überdurchlüftet" werden, d.h. der der pO2 in der Lungen ansteigt, kommt es zu einer Dilatation der Arteriolen (periphere Blutgefäße) des Körperkreislaufs . Ziel: die Lunge bekommt mehr Blut, um den Exzesssauerstoff abzutransportieren. Da wegen der dem Gaswechsel vorausgegangenen Kälteexposition (Wasser 5 Grad oder so), die Arteriolen wenig durchblutet waren, um die Wärme im Körperzentrum zu halten, strömt das kühlere Blut aus den peripheren Blugefäßen wieder ins Körperzentrum. Jetzt wird`s also kalt. Aus praktischer Sicht hat die Gelbe Maske recht: machen kann man da nix, außer sich von vorneherein (noch) wärmer anzuziehen, um auch das Blut in den Ateriolen warmzuhalten.
ramklovApnoeTL, TL**
05.02.2015 15:19
@ Schubotta,

das klingt nach einer sehr schlüssigen Erklärung. Daher habe ich versucht Deinen Aussagen mal auf den Grund zu gehen. im Buch "Physiologie" (Google Books) ISBN 3827373336, 9783827373335 heißt es wörtlich:"Wenn einige Abschnitte der Lungen im Verhältnis zu ihrer Durchblutung überbelüftet werden, steigt der Sauerstoffpartialdruck in diesem BEreich über seinen Normwert an. Dadurch wird die Dilatation der Arteriolen hervorgerufen, welche diese Alveolen versorgen, um mehr Blut zur Aufnahme des Sauerstoffs zur Verfügung stellen zu können. Beachten Sie, dass die Lungenarteriolen auf einen niedrigen Sauerstoffpartialdruck mit einer Konstriktion antworten. Die Arteriolen des Körperkreislaufs reagieren auf einen niedrigen pO2 genau entgegengesetzt, also mit einer Vasodilatation."
https://books.google.de/books?id=p_U52zABtTkC&pg=PA824&lpg=PA824&dq=Dilatation+der+Arteriolen&source=bl&ots=oL-RKf5_bL&sig=HBb4F7AuBuDJJTtmsXni0rf9mAQ&hl=de&sa=X&ei=VWnTVOiXHeXD7gbk8IHYDw&ved=0CFAQ6AEwBw#v=onepage&q=Dilatation der Arteriolen&f=false Das heißt doch auf gut deutsch, dass sich die Gefäße des Körperkreislaufs bei sinkendem ppO2 weiten und mit steigenden ppO2 engerstellen Also ungefähr das Gegenteil von Deiner Kausalkette.

Noch eines: Bei einem Eintauchen ist Wasser und zusätzlich noch bei Kältereizen zieht der Körper Blut aus der Peripherie ab und sammelt es im Körperzentrum. Soweit klar. Es ist in den peripheren Blutgefäßen also besonders wenig kaltes Blut vorhanden, was zurückströmen kann. Das wenige kalte Blut zirkuliert ohnehin, so dass schon aus diesem Grund kein sprunghafter Anstieg des Kältereizes oder ein sponntane Zunahme des subjektiven Kälteempfinden zu befürchten ist. Das deckt sich nicht unbedingt mit den Beobachtungen des TO. Welchen Einfluss hat zudem der Gaswechsel in diesem Zusammenhang?

Die Fragen sind ehrliches Interesse, da die Änderung der Gefäßstellungen in Abhängigkeit von Einflüssen des Tauchsports häufig verschiedene und unvorhergesehene Wirkungen entfaltet.

gruß ramklov
05.02.2015 17:17
@restn2:

Wie sieht dein Dekostopp nach dem Gaswechsel aus:

tauchst Du weiter, oder bleibst Du auf einer Stelle und machst den Dekostopp/ Aufstieg an der Boje/ dem Hebesack?


restn2i.a.c. Trimix 60
05.02.2015 19:03
@ ramklov
das entspricht auch dem, was Terry23 beigesteuert hat. Wenn die Blutgefäße mit reduzierten Durchfluß auf die O2 Erhöhung reagieren, wie sieht dann das reale Sauerstofffenster aus und ist es dann sinnvoll den Körper mit so viel O2 zu reizen, wenn er es dann doch nur reduziert transportiert?

@ Fullcave
beides, wobei mir das Frösteln beim Freiwasseraufstieg an der Leine am stärksten in Erinnerung blieb.
uanlikerIT PATD
05.02.2015 19:44
@restn2

Sauerstoff-Fenster hat nichts mit der Transportmenge zu tun, sondern wie werden die einzelnen Gase transportiert.

Die Transportkapazität kann sich durch die Veränderung der Durchblutung ändern, aber nicht das Sauerstoff-Fenster.

Erklärung z.B. hier:
http://www.checkdive.eu/index.php?option=com_content&view=article&id=42&Itemid=37
https://www.yumpu.com/de/document/view/21315076/vom-helium-im-korper-bis-zum-sauerstoff-fenster-cmasch


Gruss Urs
restn2i.a.c. Trimix 60
05.02.2015 21:20
@ Urs
Volltreffer! Der Artikel über das Sauerstofffenster hat mir sehr geholfen, meinen vermeintlichen Widerspruch aufzulösen.
Sehr spannend und neu fand ich die Gefahr der Hyperkapnie während der Entsettigung mit EAN.
Vielen Dank!
SchubottaPADI Rescue Diver
06.02.2015 08:18
@ramklov: danke für den Hinweis. Kannte die Literaturstelle nicht. bin mir jetzt nicht im Klaren, ob die Frage schon geklärt ist. Falls nicht, hier eine Präzisierung. Die Durchblutung hat nicht nur mit dem pO2 zu tun sondern auch mit dem sympathischen System. Die Dilatation ergibt sich m.E. aus dem Zusammenspiel der beiden. Die sympathischen Nerven lösen eine Konstriktion aller nichtbewegungsrelevanten Gefäße (meist periphäre) bei Bewegung aus. Grund ist der durch die Bewegung niedriger pO2 (höherer Sauerstoffverbrauch). Diese Bereiche des Körpers kühlen dann ab. Bei Erhöhung des pO2 durch Gaswechsel werden diese wieder durchblutet, was zur Rückführung von kühlerem Blut führt.

Klären kann das aber jetzt nur ein Mediziner, der ich nicht bin.

http://www.sport-training.de/pdf/skript-sportmed2.pdf (hier gucken S. 13 zum sympathischen System)
ramklovApnoeTL, TL**
06.02.2015 09:24
@ Schubotta, danke für das interessante Skript.

Dann hat nach Deiner Argumentation auch die Bewegung (unabhängigkeit von der Wärmeproduktion durch die Muskeln) einen Einfluss auf die Gefäßweite und damit das Wärmeempfinden.

gruß ramklov
tiger22TMX/OWSI
07.02.2015 12:02
@Schubotta:


Sehr interessante Info, danke dafür!

Dann stellt sich mir gleich die nächste Frage, die nichts mit dem Tauchen zu tun hat, sondern mit der Ersten Hilfe bzw. Behandlung von Unterkühlungen:
Da durch das Überangebot an O2 vermehrt kaltes Blut aus der Peripherie zurückströmt, dürfte somit die Gabe von O2 bei stark unterkühlten Personen ein absolutes no-go sein (akute Gefahr des Herzstillstands).
Sehe ich das richtig?
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