Tauchen in Norwegen. Das Kaltwasserparadies am Golfstrom

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05.04.2014 17:00
Kategorie: Reise


Norwegen gilt als Traumland für Taucher. Über 2.500 Kilometer Küstenlinie vom Südkap bis zum Nordkap – 80.000 Kilometer rechnet man noch alle Fjorde und Inseln hinzu. Tauchmöglichkeiten ohne Ende!

Bericht von Sven Gust

Die Wassertemperaturen mögen eine gewisse Barriere darstellen, zumindest für alle die nicht über einen Trockentauchanzug verfügen. Andererseits steht allen aktiven "Ganzjahrestauchern" wenige Autostunden von Norddeutschland und noch weniger Flugstunden entfernt ein Tauchrevier der Superlative zur Verfügung, in dem es noch so manches zu entdecken gibt und wo Massentourismus ein Fremdwort ist. Nachfolgend wollen wir einige der taucherischen Höhepunkte Norwegens vorstellen.

Wracks


Norwegen ist vielen Tauchern im deutschsprachigen Raum hauptsächlich wegen seiner Wracks ein Begriff. Die Region um Kristiansand am südlichsten Zipfel des Landes zieht Tauchgäste aus dem Ausland magisch an. Wracks wie die Seattle und die Gudrun stehen ganz oben auf der Bekanntheitsskala. Doch selbstverständlich gibt es überall entlang der Küste Wracks zu entdecken und je weiter nördlich man sich wagt, umso detailreicher sind die Relikte aus vergangenen Zeiten.



Einzelne Küstenabschnitte weisen hunderte von Wracks auf. Einziger Haken an der Sache: Viele liegen zu tief, selbst für technische Taucher. Der Schiffsfriedhof von Narvik lässt das Herz eingefleischter Fans von Rost und Alteisen höher schlagen. Die erbitterten Kämpfe im Frühjahr 1940 zwischen Deutschen, Briten und Norwegern haben hier ihre Spuren auf dem Meeresgrund hinterlassen. Überhaupt stammen viele Wracks in Norwegen aus dem Zweiten Weltkrieg; aber auch andere Epochen sind vertreten und noch immer sorgen die nicht ganz ungefährlichen Fahrwasser entlang der norwegischen Küste für Nachschub.


Video zum Thema:



Wracktauchgang zur MS Hamo: Die MS Hamo sank im Hafen als die Last aus Schnee und Eis an Deck zu groß wurde. Die Mannschaft befand sich nicht an Bord, sondern feierte Weihnachten mit ihren Familien. Taucher freuen sich heute über dieses Weihnachtsgeschenk.


Makro


Überraschen mag bei den ersten Tauchgängen in Norwegen die Artenvielfalt an marinen Lebewesen. Dank des Golfstroms gibt es eine Vielzahl an Fischen, Anemonen, Korallen, Seesternen, Nacktschnecken, Krebsen, Garnelen und anderem Getier. Weitwinkelfotografen werden zufrieden sein, Makrofotografen jubeln. Natürlich muss man aber auch wissen wo! Strömungsexponierte Punkte in den Fjorden sind die wahren Makroparadise.

Jedoch gibt es auch vor der Küste mehr als genug zu entdecken. Hier mag dann die Atlantikdünung und die damit verbundene permanente Bewegung der Unterwasserwelt den Fotografen vor Herausforderungen stellen; die Motive finden sich fast von selbst. Lichtscheue Pfauenfederwürmer, flinke Miniseehasen, filigrane Nacktschnecken, faszinierende Rippenquallen... Die Liste an Motiven ist beinahe endlos lang.

Kelpwald


Der nordatlantische Palmentang (Laminiara hyperborea) bedeckt den felsigen Untergrund entlang weiter Küstenabschnitte Norwegens. Die Region Mittelnorwegens und bis hinauf zu den Lofoten ist ideal für einen "Spaziergang" durch die Unterwasserwälder Skandinaviens.

Mit einer Höhe von "nur" maximal drei Metern kann diese Braunalgenart jedoch nicht mit den Kelpwäldern vor der kalifornischen Küste und in Südafrika mithalten. Aber trotzdem ist auch der nordische Kelpwald ein spannendes Biotop und Lebensraum zahlreiche Fische und anderer Meeresbewohner.

Aus taucherischer Sicht sind die Laminarienwälder in null bis maximal 30 Metern Wassertiefe zudem ideal geeignet für einen entspannten und unkomplizierten Ausflug in die Unterwasserwelt. Mit etwas Glück tanzen die Sonnenstrahlen durch das Wasser, während sich die Kelpblätter sanft und rhythmisch im Takt der Wellendünung wiegen und Schwärme von Jungfischen und einige größere Raubfische umherstreifen.

Lachsfluss/Seen


Längst nicht alles Wasser in Norwegen ist salzig. Seen, Bäche und Flüsse bieten teilweise ebenfalls gute Sichtweiten und laden geradezu zu einem Tauchgang ein. Manchmal gibt es Wracks zu entdecken, manchmal versunkene Wälder, oder gar die Überreste alter Höfe und Siedlungen.

Ein ganz besonderes Erlebnis aber ist es die Wanderung der wilden Lachse in einem Fluss mitzuerleben! Der innere Drang zur Fortpflanzung treibt die Spitzensportler des Tierreiches im wahrsten Sinne des Wortes gegen den Strom aus dem Meer zurück an den Ort ihrer Geburt. Dabei überwinden Lachse und Meerforellen Stromschnellen und Wasserfälle. Die Fische lassen sich an solchen Punkten besonders gut beobachten, denn nur in den allerseltensten Fällen gelingt es den Fischen bereits mit dem ersten Sprung das Hindernis zu überwinden.


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Lachse bei der alljährlichen Lachswanderung.



Eine explizite Genehmigung des Besitzers oder Pächters des Flusses ist allerdings ein absolutes Muss. Einziger Wermutstropfen: Sehr wenige Tauchbasen und Tauchreiseanbieter in Norwegen bieten ihren Gästen aktuell organisierte Tauchtouren an Lachsflüssen an.

Fjorde/Steilwände


Endlos fallen viele Felswände in die Tiefe hinab. Und ebenso spektakulär wie sich die norwegische Bergwelt über Wasser darstellt, so setzt sie sich unterhalb der Wasseroberfläche fort.



Bergwandern unter Wasser hat den Vorteil der Schwerelosigkeit, doch diese Art des Freeclimbens ist vielleicht auch nicht Jedermanns Sache! Plätze mit 300 bis 400 Meter schwarzem Abgrund finden sich in vielen Fjorden und jedes Ausrüstungsteil, welches hier verloren geht, kann höchstens noch Archäologen in einigen tausend Jahren dabei helfen etwas über die Freizeitgewohnheiten des gemeinen Sporttauchers (Homo sapiens marinus) zu lernen. Aber der Thrill und die Erlebnisintensität haben natürlich ihren Reiz und wer die volle Bandbreite der Tauchmöglichkeiten in Norwegen erleben möchte, sollte sich einen solchen Steilwandtauchgang unbedingt gönnen. Manche Wände sind dabei zudem nicht grau und leblos, sondern üppig mit Anemonen, Federwürmern und Seescheiden bewachsen.

Tiefsee


Einen Ausflug in die Tiefsee zu unternehmen klingt nicht gerade nach einer guten Idee wenn es um das Thema Sporttauchen geht. Und tatsächlich ist dies ein sehr spezielles Abenteuer, welches so nur der mittelnorwegische Trondheimfjord zu bieten vermag.

Bedingt durch bestimmte Einflussfaktoren wie Temperatur, Salzgehalt, Strömungen und wohl nicht zuletzt durch eine dunkle Süßwasserschicht an der Oberfläche, kommen hier Tiefseekorallen, Chimären, Tiefseemedusen und viele andere Lebewesen, welche sonst selbst für technische Taucher unerreichbar sind, bereits in zehn bis 40 Metern Wassertiefe vor.

Allerdings kann man einem Teil dieser Kreaturen nur nachts begegnen, oder besser gesagt nur bei Dunkelheit. Bei einer entsprechenden Tauchreiseplanung in das Land der Mitternachtssonne und Polarnacht sollte dieser Tatsache entsprechend Rechnung getragen werden!



Infobox Northern Explorers


Utvorda, N-7777 Nord-Statland (Mittelnorwegen)
Geöffnet: ganzjährig, Hauptsaison April bis Oktober (Anmeldung notwendig!)
Leitung: Sven Gust und Anja Dietze
Fon: +47 742 88 306, +47 469 37 160, +47 41 48 53 20
Mail: info@northern-explorers.com
Web: www.northern-explorers.com
Ausbildung nach: Ausbildung wird nicht angeboten, reiner Tour- und Expeditionsveranstalter.
Besonderheiten: Außergewöhnliche Kaltwasserexpeditionen und Tauchrundreisen. Buckelwale, Orcas, Eisberge, Wracks, Wildlachse im Fluss, Tiefseekorallen und vieles mehr stehen auf dem Programm. Die Touren führen von Januar bis November nach Grönland, Mittel- und Nordnorwegen, Spitzbergen und Island. Fotografen, Filmer und naturinteressierte Taucher, die nach einzigartigen Touren in Kleingruppen von maximal 4 bis 6 Teilnehmern suchen, können sicherlich fündig werden.

Northern Explorers auf Taucher.Net
Tauchbasenübersicht auf Taucher.Net
Tauchplatzübersicht auf Taucher.Net



Strömung


Die Anziehungskraft des Mondes lässt auf den Ozeanen eine gewaltige Welle rollen. Glücklicherweise handelt es sich nicht um einen Tsunami, der alles verschlingt, wenn er auf die Küsten trifft. Vielmehr ist es das Phänomen, welches wir als Ebbe und Flut kennen. Und wo Wasser in Bewegung ist, da entsteht Strömung.

An manchen Plätzen in Norwegen kann es dabei auch unter Wasser recht "zugig" werden. Anemonen, Korallen und andere Planktonfresser finden das super. Sie müssen dann einfach nur die Fangarme ausstrecken und auf die nächste Mahlzeit warten. Entsprechend bunt bewachsen sind die Felswände an strömungsexponierten Punkten.

Mit der entsprechenden Planung und einem erfahrenen Guide können solche Plätze für Taucher ein echtes Highlight darstellen. Der Saltstraumen in der Nähe von Bodø in Nordnorwegen ist der stärkste Gezeitenstrom der Welt und in Sachen Strömungstauchen ein erstklassiger Anlaufpunkt. Aber auch in allen anderen Regionen kennen die lokalen Tauchcenter den einen oder anderen Spot für einen Drifttauchgang.


Bildergalerie Norwegen:










Norwegen über Wasser


Es bedarf nicht vieler Worte um die Landschaft Norwegens zu bewerben. Nicht umsonst gilt eine Reise mit den Postschiffen der "Hurtigruten" entlang der norwegischen Küste als schönste Seereise der Welt. Manchmal scheint es, als ob die Alpen direkt am Meer liegen würden und vom Strand bis zum Sommerskigebiet sind es gerade einmal 30 Autominuten. Wälder, Tundra, Berge, Täler, Bäche, Seen, Fjorde, Schären, Klippen, Strände, Wiesen und Felsen... wer Norwegen erleben will, egal ob unter, oder über Wasser, sollte genug Zeit (und Geld) mitbringen!


Video zum Thema:



(Ab)Tauchen im Kelpwald. Ein ganz besonderes Erlebnis sind die Tauchgänge mitten im dichten Kelp. Aufgenommen in Mittelnorwegen.

Weitere Videos zur Region und weitere Tauchvideos für das gesamte Land Norwegen in unserer Videodatenbank.