Tauchen wie Gott in Frankreich. Mediterrane Schmankerl

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14.04.2013 16:43
Kategorie: Reise


In Südfrankreich wurde das Tauchen erfunden: Hans Hass erlebte dort seine ersten Abenteuer unter Wasser, ebenso sein französisches Pendant J.-Y. Cousteau. Dort wo Cote d´Azur und Provence sich berühren, findet die Vielfalt der Unterwasserwelt ihren Höhepunkt: in den Unterwasserparks der Halbinsel Giens bei Hyères.

Bericht von Harald Mathä

Es ist Sonntag und die "Ar Guvel" ist bis auf den letzten Platz mit Tauchern gefüllt. Worüber man anderswo die Nase rümpfen und mit Platzangst reagieren würde, hier stört das keinen. Hauptsache man ist mit auf dem Boot und fährt einem erstklassigen Tauchgang entgegen. Nicht der Weg ist das Ziel und es geht auch nicht um einen Limousinenservice zum Tauchplatz, wenn in 45 Metern ein geiles Wrack wartet, das über und über mit gelben und violetten Gorgonien bewachsen ist. Das Taucherglück ist das Ziel! Ganz im Gegenteil, die anderen Taucher in den beiden Schlauchbooten nebenan werden bemitleidet, denn ihnen steht eine weit ruppigere Rückreise zum Hafen von La Tour Fondue als auf dem elf Meter langen Tauchboot von Hansi bevor!

"An den Wochenenden sind viele unserer Gäste Taucher aus Frankreich" erzählt Hansi Hähner, der Basisleiter von Divin Giens. "Während der Woche sind dann meist Taucher aus Deutschland an Bord. Dann ist es auch nicht so voll" fährt er fort. Seit über 20 Jahren leitet er die Tauchbasis.

Erstaunlich ist die Zusammenarbeit der Tauchcenter auf der Halbinsel. Statt sich mit identen Angeboten bis aufs Blut zu konkurrieren und sich eine Preisschlacht zu liefern, hat man sich arrangiert und arbeitet zusammen. Droht eine Basis zu überlasten, vermittelt man die Gäste an ein Tauchcenter, das noch Kapazitäten frei hat. So kann es auch durchaus vorkommen, dass man am Abend die Basisleiter bei einem gemeinsamen Glas Wein entdeckt.

Tauchen in Frankreich ist gesetzlich geregelt und das Gesetz ist CMAS, genauer FFESSM. "Diving is Fun" ist eine andere Welt und PADI von einem fremdartigen Kontinent hinter dem atlantischen Ozean. Das alles macht Sinn und soll Tauchunfälle vermeiden. Und das tut es auch! Wer tiefer tauchen will, braucht die entsprechende Anzahl an Sternchen auf seinem Brevet, sonst bleibt nur das ungefährlichere Flachwasser übrig. "Specialities" mit phantasievollen Namen und bunte Kärtchen zählen nicht.

Die Tauchplätze begeistern speziell im Nationalpark mit unglaublich viel Fisch, prachtvollen Gorgoniengärten und eisenhaltigem Wasser. Richtig: Wracks! Der große Vorteil an den versunkenen Schiffen liegt auf der Hand: Man taucht an einem Wrack mit interessanter Geschichte. Das wird die meisten Männer begeistern. An diesen Stahlkolossen wachsen gelbe, rote und violette Gorgonien. Zwischen diesen Korallen huschen orange Fahnenbarsche umher und schnappen nach Fressbarem in der Strömung.



Ein Idyll das trügt, denn einerseits sind die Wracks nicht freiwillig untergegangen, sondern haben tragische Geschichten zu erzählen. Andererseits führen auch die hübschen kleinen Barsche kein so sorgenfreies Leben, wie es scheint. Viele von ihnen landen im Magen ihrer großen Verwandten, der zahlreichen Zackenbarsche. Bei fast jedem Tauchgang entdeckt man mindestens einen der glupschäugigen Raubfische, die in den vielen Hohlräumen der Schiffe perfekte Ansitze und Verstecke finden. Die Größten sind über einen Meter lang. Eines fällt auf: Die Zackis sind für Mittelmeerverhältnisse wenig scheu. Das liegt daran, dass in den Nationalparks seit 50 Jahren nicht mehr unter Wasser gejagt werden darf.


Informationen GIENS/HYÈRES


Lage: Südfrankreich, östlich von Toulon
Anreise:
Auto: A7 Paris - Cote d´Azur, Abfahrt Hyères
Bahn: mit den Hochleistungszügen ICE und TGV von Frankfurt nach Marseilles in nur 7 Std!
Flughafen: Hyères/Toulon

Saison: April bis November
Wassertemperatur: 12 bis 24°C
Sicherheit: 2 große Dekokammern in Toulon

Tauchbasenübersicht Hyères: Plongee Hyères und auf Taucher.Net


Altmetall gefällig?


Neben Felsnadeln, Steilwänden und Grotten begeistern in Südfrankreich Wracks! Etwa zehn davon werden regelmäßig angefahren. Die beiden Gustostückerl sind sicherlich die Donator und die Grec. Beide liegen zwischen 40 und 50 Metern Tiefe. Für Spaßtaucher zu tief und anspruchsvoll, für einen erfahrenen CMAS Taucher aber ein 1A Tauchgang, von dem er mit einem breiten Grinsen im Gesicht wieder ins Boot klettert. Neben den beiden Stars unter den Wracks locken noch das Congerwrack, die Mustang, die Heinkel, der Schaufelraddampfer "Ville de Grasse" und das sind noch lange nicht alle!

Gleichnisse: Donator und die Le Grec


Sie haben Gemeinsamkeiten: Beide Namen stimmen nicht wirklich, sie sanken nach Ende des 2. Weltkriegs durch noch nicht geräumte, herumtreibende Seeminen nicht weit voneinander entfernt im Zeitraum von zwei Monaten und sie liegen deutlich tiefer als 40 Meter.

Die "Donator" hieß eigentlich "Sagana", wurde 1931 vom Stapel gelassen und liegt zwischen 38 und 52 Metern. Das 78 Meter lange Frachtschiff sank am 10. November 1945 und ist aufgrund ihres unglaublichen Bewuchses und ihres Fischreichtums ein Tauchertraum. Das immer noch am Wrack vorhandene Steuerrad ist ihr heimliches Markenzeichen.

Die 1912 gebaute "Le Grec" kollidierte am 3. Dezember 1945 mit einer Seemine. Der falsche Name entstand, weil viele der nach dem Untergang geretteten Seeleute Griechen waren. So benannte man das Wrack eben nach ihnen. Ihr letzter Name war eigentlich “Schiffano“ und sie transportierte ein in Frankreich unverzichtbares Gut, nämlich Wein. Die Mine riss 20 Meter ihres Vorschiffes weg, was den verbleibenden 30 Metern Rumpf ihrer in 47 Metern ruhenden Anmut aber kaum einen Abbruch tut. Die alkoholische Ladung sucht man heute vergeblich. Die Fässer sind längst verfault und die Wrackbewohner hatten wohl einige feuchtfröhliche Partys.



Die beiden Wracks gehören mit zu den Höhepunkten des Wracktauchens in der Region Porquerolles und Port-Cros, sind aber auf Grund ihrer Tiefe erfahrenen Tauchern vorbehalten.


Informationen: DIVIN GIENS


Im "Camping International****" Presquile de Giens, F-83400 Hyères

Geöffnet: vom 1. April bis 11. November
Leitung: Hansi Hähner
Tel.: 0033 (0)4 98 04 50 28
Mail: divin.giens@wandoo.fr
Web : www.divingiens.com

Ausbildung nach: CMAS/VDST
Transport:11 Meter Tauchboot "Ar Guevel", Bus
Besonderheiten:
Gemütliche Basis, die bei Einheimischen und Gästen gleichermaßen beliebt ist. Legendärer U-Boot Kompressor!

Infos auf Taucher.Net: Divin Giens


Fazit


Das Mittelmeer wurde schon oft totgeredet- aber so lebendig und farbenprächtig wie es bei Hyères ist, kann es sich fast mit einem tropischen Meer messen. Zudem lockt hier eine Dichte an Wracks, wie sie nur selten zu finden ist. Und natürlich - nicht zu vergessen: Südfrankreich, die französische Küche und der herrliche Wein. Vive la France!



Video zum Thema:




Zum Film: Aufnahmen der Unterwasserwelt und ein "Abstecher" zum U-Boot Wrack "Le Rubis".